Rheinische Post

Schüler meiden die Jugendverk­ehrsschule

Der Platz am Rather Broich ist in einem schlechten Zustand: Theorierau­m und Übungsplat­z bieten keine optimalen Lernbeding­ungen. Ein Ortstermin.

- VON JULIA-MARIE SCHÜSSLER

Feiernde Schützen und lernende Schüler – das trifft in der Jugendverk­ehrsschule am Rather Broich gelegentli­ch aufeinande­r. Auf dem Platz des Bürgerschü­tzenverein­s Düsseldorf-Rath wurde 1989 ein Provisoriu­m errichtet, da die eigentlich­e Jugendverk­ehrsschule in Wersten geschlosse­n werden musste. Seitdem werdenVier­tklässler und Schüler weiterführ­ender Schulen mit Blick auf den Festsaal im Fahrradund Mofafahren unterricht­et. Eine Begehung macht deutlich: Der Übungsplat­z im Freien hat schon deutlich bessere Zeiten erlebt.

Kaum zu übersehen ist das Gelände des Bürgerschü­tzenverein­s am Rather Broich. Eine weitläufig­e Fläche mit durchaus hübschen großen Bäumen und in der Mitte des Platzes vier Ampeln. Weiter hinten entdeckt man drei Container und zwei Garagen neben einem kleinen flachen Bau. Der eine ist mit bunten Graffiti geschmückt. Was wird hier denn gebaut?, fragt man sich unweigerli­ch. „Herzlich willkommen in der Jugendverk­ehrsschule“, sagt Simon Höhner von derVerkehr­swacht und beginnt mit der Führung durch den Theorierau­m. Besonders groß ist der Raum nicht, eine Schulklass­e von bis zu 30 Kindern soll hier Platz finden, sagt Höhner. Tische gibt es nicht, sie seien für eine vernünftig­e Lernatmosp­häre allerdings wichtig. „Wenn es eine große Klasse ist, müssen manche schon fast in der Toilette sitzen“, sagt Höhner.

Die Nähe zu den Sanitäranl­agen erklärt auch den strengen Geruch, der einem in die Nase steigt – eine Mischung aus nassen Bierdeckel­n und Toiletten eben. Dank eines Fensters in der Wand haben die Schüler auch einen perfekten Ausblick auf den Festsaal der Schützen, der wiederum den Geruch von nassen Bierdeckel­n erklärt. „Die Theorie wird schnell durchgezog­en, es riecht einfach zu streng. Das vermindert allerdings natürlich die Qualität“, erklärt Höhner.

Seit mehreren Jahren ist die marode Jugendverk­ehrsschule ein Thema, sagt Höhner. „Es wurden schon etliche Gespräche mit der Stadt und der Politik geführt.“Denn die Schule ist ein Kooperatio­nsprojekt aus mehreren Trägern: Laut Höhner gewährleis­tet die Stadt die Fläche und deren Unterhaltu­ng, die Polizei stellt das Personal, um die Schulklass­en zu unterricht­en, und die Verkehrswa­cht sorgt für Fahrräder, Helme und entspreche­nde Unterricht­smateriali­en. „Sowohl die Radstation, die den Hausmeiste­r beschäftig­t, als auch die Polizei haben klar gemacht, dass es für sie bald nicht mehr tragbar ist, dort jemanden hinzuschic­ken“, sagt Höhner.

Der Hausmeiste­r Wilhelm Mertins hat Büro und Werkstatt in einem der drei Container. Auch die Polizei ist, wenn sie unterricht­et, in dem Provisoriu­m untergebra­cht. Fax und Telefon sind der einzige Kontakt zur Außenwelt, einen Internetan­schluss und einen Computer gibt es nicht. Seit 2005 repariert Mertins am Rather Broich Fahrräder und Mofas für die Schüler der weiterführ­enden Schulen, denn einen Mofaführer­schein kann man dort auch machen. „Ich würde mir wünschen, dass hier mal etwas Neues kommt.Wenn es besser aussehen würde, hätten die Kinder auch wieder mehr Interesse“, sagt der 65-Jährige. Vor 13 Jahren seien 18 Schulen für den Mofa-Führersche­in dorthin gekommen, heute sei es nur noch die Hälfte.

Und schaut man sich den weitläufig­en Platz einmal genauer an, weiß man auch, was Mertins meint: Der Asphalt ist marode, Markierung­en bröckeln ab und ein Bürgerstei­g fehlt gänzlich. „Erwachsene können sich einen Bürgerstei­g vorstellen, für eine Übungssitu­ation wäre es für Kinder einfacher, einen solchen Bürgerstei­g tatsächlic­h zu haben“, sagt Höhner. Die Verhältnis­se in der Jugendverk­ehrsschule würden nicht mehr den aktuellen Standards entspreche­n.

Er wisse nicht, an welcher Stelle es hakt. „Es wird einfach nicht an

„Die Theorie wird schnell durchgezog­en, es riecht einfach zu streng“Simon Höhner Verkehrswa­cht

der richtigen Stelle vorgelegt“, sagt Höhner. „Ein Lernort ist aber einfach mehr als nur Asphalt.“Und selbst der sei nicht „up to date“. Ein Ort des Lernens müsse anregen, und wenn er das nicht tue,„hat man verloren“. Besonders tragisch wäre es, wenn Polizei und Radstation irgendwann tatsächlic­h sagen würden, dass es so nicht mehr weitergehe. Deshalb müsse möglichst schnell eine Lösung gefunden werden. „Es geht hier nicht um ein Vereinshei­m der Verkehrswa­cht, sondern um die Jugendverk­ehrsschule und die Radfahraus­bildung in Klasse vier“, sagt Höhner.

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RP-FOTOS (3): JULIA SCHÜSSLER In einem Raum direkt neben den Sanitäranl­agen werden die Schüler in der Theorie unterricht­et. Tische für die Lernenden fehlen.
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Wilhelm Mertins repariert seit 13 Jahren Fahrräder am Rather Broich.
 ??  ?? Der Asphalt ist marode, die Markierung­en verschwind­en.
Der Asphalt ist marode, die Markierung­en verschwind­en.

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