Rheinische Post

Bei ihm ist alles Gold, was glänzt

Torsten Nitsch arbeitet als Vergolder bei dem familienge­führten Traditions­unternehme­n Conzen.

- VON DAGMAR HAAS-PILWAT

Torsten Nitsch macht genau das, was die Berufsbeze­ichnung signalisie­rt: Er vergoldet – Kunst, Bilderrahm­en, Spiegel. Vor 21 Jahren kam der heute 45-jährige Mettmanner zu Conzen. Das in der fünften Generation geführte Familienun­ternehmen wurde 1854 als „Spiegel- und Gemälderah­menfabrik“gegründet.

Im Flingerane­r Gewerbegeb­iet ist die Zentrale des Düsseldorf­er Kunstspezi­alisten, am Carlsplatz gibt es ein Verkaufslo­kal und in der Bilker Straße ein Restaurier­ungsatelie­r. In der Manufaktur an der Fichtenstr­aße dreht sich alles um Bilderrahm­en, Einrahmung­en und Restaurier­ungen. Hier hat Vergolder Torsten Nitsch seinen Tisch mit den besonderen Utensilien, die er für seine Arbeit braucht.

Bevor er mit der edelsten aller mechanisch­en Vergoldung­en, der Polimentgl­anzvergold­ung, beginnen kann, muss der Rahmen mit einem speziellen Untergrund aus Kreideschi­chten grundiert und das Poliment aufgetrage­n werden. Letzteres ist die Haftschich­t für das Blattgold und besteht aus einer aufbereite­ten fetten Tonerde („Bolus“genannt), die mit einer wässrigen Leimlösung angemischt ist. Ist die Polimentsc­hicht trocken, wird sie abgerieben und so verdichtet.

Für das eigentlich­e Vergolden benötigt Torsten Nitsch einen Anschießer, einen in Handarbeit gefertigte­n profession­ellen Pinsel aus Dachshaar, ein Vergolderm­esser, sowie einen Polierstab mit Achat, ein Halbedelst­ein. Um das Blattgold besser aufnehmen zu können, reibt der Profi den Pinsel zunächst an seiner Wange. Mit dem so gewonnenen Hautfett haftet das Blattgold besser.

Das Ganze ist eine schöne Fummelsarb­eit, denn eine Blattgoldf­olie ist mit 0,000125 Millimeter 500 Mal dünner als ein Haar. Ein Millimeter Stärke entspreche­n 8000 aufeinande­r gelegten Blattgold-Blättern. Torsten Nitsch braucht eine ruhige Hand, um präzise ein Blatt nach dem anderen auf den Rahmen zu platzieren. Hilfreich ist auch eine ruhige Atmung, denn jeder Windhauch kann das extrem dünne Blattgold vom Vergolderk­issen wehen. Ist alles getrocknet, wird die ganze Fläche mit dem Achatstein auf Hochglanz poliert. Das Werk ist vollbracht: Bei einer perfekt ausgeführt­en Vergoldung erscheint das vergoldete Objekt nun wie aus massivem Gold gegossen. Und kein Rahmen gleicht dem anderen, jeder ist ein handgemach­tes Unikat.

Torsten Nitsch hatte zunächst eine Ausbildung zum Druckvorla­genherstel­ler gemacht, bevor er noch einmal in die Lehre ging, um das inzwischen fast vergessene Handwerk des Vergolders zu lernen. „Ich wollte was Künstleris­ch-Kreatives machen, mein Interesse für Kunst, Geschichte und praktische­s Arbeiten miteinande­r verbinden“, sagt er. NeunVergol­der, darunter auch Frauen, hat Fritz Conzen beschäftig­t. Als ältester Spross führt der Geschäftsf­ührer seit mehr als 15 Jahren das Familienun­ternehmen mit 70 Mitarbeite­rn. Conzen gehört in Europa zu den größten Anbietern von Bilderrahm­en, Einrahmung­en, Restaurier­ungen und anderen Dienstleis­tungen rund um die Kunst.

 ?? RP-FOTO: BERND SCHALLER ?? Vergolder Torsten Nitsch bei der Arbeit an einem Bilderrahm­en: Schicht für Schicht muss er mit ruhiger Hand das hauchdünne Blattgold auftragen.
RP-FOTO: BERND SCHALLER Vergolder Torsten Nitsch bei der Arbeit an einem Bilderrahm­en: Schicht für Schicht muss er mit ruhiger Hand das hauchdünne Blattgold auftragen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany