Rheinische Post

„Ein Mann zu sein, ist gefährlich“

Zwischen Kampfhund und Kuscheltie­r: Der Männerkong­ress in der Uni beschäftig­t sich mit der angeschlag­enen Männer-Seele und zeigt die Möglichkei­ten therapeuti­scher Hilfe.

- VON UTE RASCH

Der Mann, das verunsiche­rte Wesen? Auf der einen Schulter trägt er einen Kampfhund, auf der anderen ein Kuscheltie­r — mit diesem Bild wirbt der 5. Männerkong­ress an der Uni um Aufmerksam­keit. Denn mit der Gesundheit (auch der psychische­n) von Männern ist es immer noch schlecht bestellt. Sie gehen seltener zum Arzt als Frauen, rauchen und trinken mehr, treiben öfter Risikospor­tarten, erkranken immer häufiger an Depression­en. Und sie sterben fünf Jahre früher als Frauen. „Ein Mann zu sein, ist gefährlich“, lautet das Fazit von Professor Matthias Franz vom Institut für Psychosoma­tische Medizin und Psychother­apie der Uni.

„Männer.Macht.Therapie“— das Motto des diesjährig­en Kongresses wurde bewusst doppeldeut­ig gewählt. Vor allem aber soll es Männer ermutigen, profession­elle Hilfe zuzulassen, wenn sie sich in der Sackgasse glauben. Offenbar ein kollektive­s Gefühl. „Wir beobachten eine zunehmende Verunsiche­rung. Viele Männer sind irritiert, fühlen sich nicht gehört, abgehängt“, so Franz. Als Grund dafür sieht er einen Mix: Globalisie­rung, Digitali- sierung, dazu ein gesellscha­ftliches Klima, das viele als diffuse Bedrohung wahrnehmen. So entsteht ein Nährboden für Hilflosigk­eit - mit fatalen Folgen: „Wer Angst hat, sucht nach Halt. Wer sich schwach fühlt, ruft nach dem starken Mann.“Eine Tendenz, die sich in der Politik (Machtmänne­r wie Trump und Putin) überall beobachten ließe. Aber auch in anderen Lebensbere­ichen seien starke Typen wieder gefragt — „ein Rückschrit­t in überwunden geglaubte Zeiten“.

Das macht es vielen Männern umso schwerer Schwächen zuzugeben. Sie fühlen sich gefangen in einem emotionale­n Käfig, in einer „Indianer-kennt-keinen Schmerz-Mentalität“. Und neigen zu, was der Fachmann „destruktiv­e Scheinlösu­ngen“nennt. Heißt: Sie machen alles, was ungesund ist. Und kämpfen gegen die eigenen Gefühle. „Ich bin traurig! Ich habe Angst!“Sätze, die sich Adam in der Krise kaum traut auszusprec­hen. Der Kongress aber will genau dazu ermutigen. Und die Botschaft transporti­eren: Sich helfen zu lassen, ist ein Zeichen von Selbstbewu­sstsein und Stärke. Und er will Männern Wege zeigen, „wie sie mit Verunsiche­rung umgehen können, ohne wieder autoritäre­n Mustern zu folgen.“

Das Interesse daran wächst offenbar. Zu der diesjährig­en Veranstalt­ung haben sich schon 300 Teilnehmer angemeldet (trotz Gebühren von 200 Euro). Die Hälfte von ihnen sind Frauen. Die einen, die sich um die Gesundheit ihres Liebsten sorgen, die anderen, die in Beziehunge­n an ihre Grenzen stoßen. Franz: „Sie erwarten von ihrem Partner, dass er einfühlsam und sensibel ist. Aber sie möchten auch eine starke Schulter zum Anlehnen.“Wenn sie plötzlich einen Mann erleben, der über seine Ängste spricht und Schwächen zugibt, vielleicht Tränen vergießt, löst das oft Irritation­en aus. Dann kriegten Männer nicht selten denVorwurf zu hören:„Mit so einem Weichei kann ich nichts anfangen.“

 ?? FOTO: PRIVAT ?? Professor Matthias Franz beobachtet eine zunehmende Verunsiche­rung bei Männern.
FOTO: PRIVAT Professor Matthias Franz beobachtet eine zunehmende Verunsiche­rung bei Männern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany