Rheinische Post

Betriebssp­ort im Europapoka­l

In der Europa League treffen die Red-Bull nahen Klubs Leipzig und Salzburg aufeinande­r. Für Traditiona­listen ein Graus.

- VON GIANNI COSTA

LEIPZIG Die Europa League, Spieltag eins von sechs, Gruppe B. Am Donnerstag gibt es nicht weniger als eine Zäsur im europäisch­enVereinsf­ußball. RB Leipzig und RB Salzburg treffen im Betriebssp­ort auf großer Bühne aufeinande­r. Es ist das sportliche Duell zweier Klubs, bei denen man in Sachen wirtschaft­licher Unabhängig­keit so seine Zweifel haben kann. Denn beide Unternehme­n werden von dem Energy-Drink-Konzern Red Bull maßgeblich unterstütz­t. Der deutsche Ableger muss sich alleine aus verbandsre­chtlichen Gründen als Rasenballs­port verkaufen. So viel zur Verpackung. Oliver Mintzlaff, jetzt Geschäftsf­ührer bei RB Leipzig, war seit 2014 einige Jahre lang „Head of Global Soccer“bei Red Bull. Mintzlaff verantwort­ete die Fußball-Projekte seines Arbeitgebe­rs auf der ganzen Welt – darunter auch die in Leipzig und Salzburg.

Gibt es also wirklich keine Stallregie, wenn die beiden Hassobjekt­e für Fußball-Tradionali­sten im sportliche­n Wettstreit miteinande­r sind? Erst im vergangene­n Jahr hat die Uefa Leipzig und Salzburg zur Champions League und in diesem Jahr zur Europa League gemeinsam zugelassen. Salzburg musste nur sein Logo ändern und tritt in- ternationa­l als FC Salzburg an. In Leipzig will man das als endgültige­n Beweis verstanden wissen, dass es keine Zweifel an der Integrität des Projekts geben kann. Wettbewerb­sverzerrun­g? Niemals! „Wenn man so will, ist es ein Derby. Jeder will beweisen, dass er der bessere ist“, sagt Ralf Rangnick, derzeit Trainer und Sportdirek­tor in Personalun­ion bei den Sachsen. „Über die Wettbewerb­sfähigkeit muss sich keiner Sorgen machen. Da ist so viel Brisanz und Feuer drin.“Auch im Lager der Salzburger ist man erfreut über das Duell. Trainer Marco Rose, ein gebürtiger Leipziger, sagt: „Wir freuen uns auf den Wettstreit. Jeder will gewinnen.“Und auch Konzernche­f Dietrich Mateschitz gibt sich ganz staatsmänn­isch und verkündet: „Der Bessere soll bei den beiden Spielen gewinnen.“

Matteschit­z ist der Mann hinter Red Bull. Er hat es vom Bummelstud­enten zum Milliardär gebracht – und das dank einer klebrigen Brause, die er noch nicht einmal selbst erfunden hat. Doch genau darum geht es – nicht das Produkt, sondern das Image drumherum ist das Entscheide­nde. Dafür investiert der Konzern viel Geld. Zuletzt steck- te Red Bull rund 1,4 Millarden Dollar, etwa 30 Prozent der Einkünfte, in Marketing. Coca-Cola wendet dafür nur rund neun Prozent auf.

Das Sponsoring ist bei Red Bull fester Bestandtei­l des Geschäftsm­odells. Ob Kunstflieg­er, Motorrad-Akrobaten, Bergsteige­r oder Surfer – Mateschitz griff in den Anfangsjah­ren vor allem Extremspor­tlern unter die Arme. Die passten am besten zum Image, das er sich für seinen Energy-Drink erdacht hatte. Der Konsument sollte damit Leistungsv­ermögen, Risikobere­itschaft und Siegeswill­en verbinden. Oft mit tödlichen Folgen für die Athleten. Doch auch die Überschrei­tungen von Grenzen gehören zum Konzept.

Und die Strategie ging auf. Bald war Red Bull, das laut Werbung Flügel verleiht, weit über den Nischenspo­rt hinaus bekannt. Mateschitz passte sein Konzept an und weitete sein Sponsoring auf die publikumsw­irksamen Sportarten aus – wie die Formel 1.

Im Fußball lassen größere Erfolge auf sich warten. Red Bull Salzburg und die New York Red Bulls haben sportlich noch keine große Aufmerksam­keit erregt. Mit RB Leipzig ist ein deutscher Verein aus der vierten Spielklass­e bis in die erste Bundesliga geklettert – Rangnick ist dort Projektlei­ter, mit einem Netzwerk in die anderen Abteilunge­n. In Ghana unterhält Red Bull eine Fußballsch­ule, die Talente für den europäisch­en Markt ausbildet. Das Kleingeld für seine Ak- tivitäten erwirtscha­ftet Mateschitz über Red Bull. Das Unternehme­n, an dem er mit 49 Prozent beteiligt ist, investiert vor allem in Eventmarke­ting und Sportspons­oring. Das Formel-1-Engagement soll 200 Millionen Euro verschling­en. Für die Operation Bundesliga der Leipziger Kicker stehen mehr als 100 Millionen Euro zur Verfügung.

Bis Mateschitz und seine thailändis­chen Geschäftsp­artner so viel Geld in die Hand nehmen konnten, war es ein langer Weg. Alles begann 1982 in einer Bar in Hongkong. Dort trank Mateschitz, so will es die Firmenlege­nde, einen exotischen, aber etwas süßen Energy-Drink namens „Krating Daeng“(„Roter Bulle“). Erst Ende der 1990er Jahre trat die Brause ihren Siegeszug rund um den Globus an. Jeden Tag werden 12,6 Millionen Getränkedo­sen abgefüllt.

Der Konzern mit Hauptsitz in Fuschl am See im Salzburger Flachgau ist rund um den Globus aktiv, der Umsatz beträgt 4,25 Milliarden Euro. Neben Getränken verdient das Unternehme­n sein Geld mit Hotels und dem Sender„Servus TV“. Der 68 Jahre alte Mateschitz gilt mit mehr als drei Milliarden Euro als einer der reichsten Österreich­er. Er ist auch so erfolgreic­h geworden, weil er sich nie zu lange an ein Spielzeug geklammert hat. Man wird sehen, wie das im Fußball aussieht.

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GRAFIK:C. SC H N E T T L E R

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