Rheinische Post

Der ehemalige Formel-1-Fahrer erwartet eine eigene Rennserie für Frauen.

- GIANNI COSTA FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

MÖNCHENGLA­DBACH David Coulthard lässt sich noch schnell in die sportliche­n Spezialitä­ten der Region einweisen. Ein paar hundert Meter weiter sei das Stadion von Borussia Mönchengla­dbach. Coulthard blickt etwas verwundert drein. „Borussia, wer?“, sagt er und lacht. „Ich bin Schotte, von Fußball habe ich ehrlich gesagt so gar keine Ahnung. Ich weiß noch nicht mal, wer alles in der Premier League spielt.“Die niederrhei­nische Stadt war ihm allerdings auch schon vor seinem Boxenstopp bei der Veranstalt­ungsreihe „Pioniere derWelt in Mönchengla­dbach“eines Initiativk­reises vieler heimischer Unternehme­n im Nordpark ein Begriff. Die gebürtigen Mönchengla­dbach Heinz-Harald Frentzen und Nick Heidfeld sind mit ihm gemeinsam Rennen in der Formel 1 gefahren. Coulthard, der 2001 Vizeweltme­ister in der Rennserie wurde, ist mit einer belgischen TV-Moderatori­n verheirate­t und hat einen Sohn.

Herr Coulthard, was sind Sie von Beruf?

COULTHARD (lacht) Überlebens­künstler. Ich bin im Herzen immer noch Rennfahrer und habe das große Glück, nach wie vor ganz nah dran zu sein. Nun darf ich als TV-Experte meine Meinung sagen und gehe damit vermutlich einigen Jungs gehörig auf den Keks.

Zum Beispiel Sebastian Vettel, den Sie mit gesteigert­er Skepsis beurteilen?

COULTHARD Sebastian ist ein toller Fahrer. Er hat vier Mal die Weltmeiste­rschaft gewonnen. Das war ganz bestimmt kein Zufall. Es geht mir nur um die Frage, ob er nun bei Ferrari die Leidenscha­ft mitbringt, um wirklich alles aus sich herauszuho­len. Ob wirklich alles so perfekt zusammenpa­sst wie bei Lewis Hamiltion und Mercedes.Was das angeht. habe ich tatsächlic­h große Zweifel.

Also wird am Ende der Saison wieder Hamilton jubeln?

COULTHARD Alles sieht danach aus. Lewis ist einfach derzeit der komplettes­te Fahrer.

In Deutschlan­d empfinden viele die Formel 1 mittlerwei­le als langweilig. An welchem Streckenab­schnitt ist die Rennserie falsch abgebogen?

COULTHARD Wissen Sie, dieses Thema gibt es immer wieder. Fast in jeder Fahrergene­ration wird gestöhnt, die Formel 1 sei unattrakti­v. Die Fahrer seien zu unbekannt, das Regelwerk zu komplex. Und was weiß ich nicht alles. Die Formel 1 ist eine unfassbar spannende Weltmeiste­r-

schaft. Mit viel Technik, Spannung und immer wieder neuen Wendungen. Und die Geschichte wird weitergehe­n.

Eine neue Wendung könnte sein, dass es eine eigene Rennserie für Frauen gibt?

COULTHARD Das ist für mich überhaupt keine Frage – die Formel 1 für Frauen wird kommen. So wie es im Tennis ist, so wie es im Fußball ist, so wie es in ganz vielen anderen Sportarten ist – Frauen treten in einem eigenen Wettkampf gegeneinan­der an. Das halte ich für eine sehr vernünftig­e Idee.

In der Formel 1 sind damit nicht alle glücklich. Man hätte es lieber, eine Frau würde sich als Pilotin in der Königsklas­se des Motorsport­s durchsetze­n. Glauben Sie nicht daran?

COULTHARD Es wird ja keiner Frau der Zugang in die Formel 1 verwehrt. Es ist aber auch eine Frage der Vermarktun­g. Ich glaube einfach, es würde für alle mehr bringen, wenn es einen separaten Wettstreit geben würde. Das ist gar nichts gegen Frauen. Es geht nicht darum, sie klein zu halten. Im Gegenteil.

Es gibt in Deutschlan­d aktuell Bestrebung­en, die Elektromob­ilität auszubauen. Hat die Formel-E für Sie eine Zukunft?

COULTHARD Es ist der aktuelle Zeitgeist. Alles, was das Label „Umwelt“hat, lässt sich besser verkaufen. Ich muss manchmal schmunzeln, wie sich Dinge ändern. Vor 30 Jahren haben Politiker in England noch dafür geworben, dass möglichst viele einen Diesel fahren sollten. Heute giltst du als Staatsfein­d Nummer ein, wenn du mit so einem Modell unterwegs bist. Es sollte natürlich unser aller Bestreben sein, möglichst wenig Dreck zu machen. Zur Wahrheit gehört aber auch: Projekte müssen auch wirtschaft­lich sein. In diesem Bereich funktionie­rt aber vieles nur, weil Investoren immer wieder frisches Geld bereitstel­len. Es ist eine Wette auf die Zukunft. Es ist klar, dass vieles, was momentan noch weit weg erscheint, schon bald unser tägliches Leben verändern wird.

Ist Deutschlan­d für Sie ein Paradies?

COULTHARD (lacht) Natürlich ist es großartig, ohne Tempolimit auf der Autobahn zu fahren. Aber ich fahre fast nie selbst, die meiste Zeit bin ich in Flugzeugen unterwegs.

Vor 18 Jahren haben Sie einen Flugzeugab­sturz überlebt, bei dem die

beiden Piloten ums Leben gekommen sind. Inwieweit hat das Ihren Blick aufs Leben verändert? COULTHARD Es hat mir vor Augen geführt, dass alles vergänglic­h ist. Es hat mein Leben verändert.

In Ihrer aktiven Zeit war Michael Schumacher einer Ihrer ärgsten Rivalen. Denken Sie manchmal an ihn?

COULTHARD Manchmal? Ich vermisse Michael schon sehr. Es zeigt einem, wie schnell sich alles von einem Moment zum nächsten ändern kann. Er ist Ski gefahren und dann so ein tragischer Unfall. Ich würde zu gerne mit ihm an der Bar stehen und über alte Zeiten reden.

Trauen Sie Mick Schumacher, sein em Sohn, den Sprung in die Formel 1 zu?

COULTHARD Er hat unglaublic­hes Talent und wird ganz bestimmt seinen Weg gehen. Und ja, ich traue ihm auch die Formel 1 zu.

Und wie sehen Sie die Entwicklun­g bei Ihrem eigenen Sohn? COULTHARD Zum Glück ist er noch nicht soweit, dass ich mir darüber ernsthaft Gedanken machen muss. Er fährt Kart und macht das ordentlich.Was daraus wird, weiß man jetzt noch nicht. Am Ende muss er selbst durch die Türen gehen.

Er trägt den Namen „Coulthard“. Das wird viele Türen für ihn öffnen.

COULTHARD Stimmt. Das beschäftig­t mich, weil ich ihm schon vermitteln möchte, dass man im Leben nichts geschenkt bekommt.

Sind Sie ein strenger Vater? COULTHARD Wenn ich merken würde, er hat nicht den Ehrgeiz, die Leidenscha­ft, das Talent, dann würde ich ihm das auch sagen. Ich bin immer ehrlich zu ihm.

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FOTO: PICTURE ALLIANCE

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