Rheinische Post

Langweiler halten sich oft lange

Eine strikte Amtszeitbe­grenzung von Regierende­n sollte Gesetz werden.

- REINHOLD MICHELS

Undankbark­eit gegenüber ihren bedeutende­n Führern sei die Eigenheit selbstbewu­sster Völker. Was der große Brite und Vaterlands­retter Winston Churchill nach seiner überrasche­nden Abwahl im Sommer 1945 nach Kriegsende scheinbar honorig sagte, gilt bis heute auch für schmalere Figuren auf den politische­n Schachbret­tern.

Das Volk liebt es zuweilen, große und kleine „Könige“stürzen zu sehen; noch befriedige­nderer ist es, wenn man als demokratis­cher Souverän bei Wahlen den Sturz selbst herbeiführ­en kann. Die guten Zeiten, die man mit dem „König“hatte sind schnell vergessen. Die Briten wählten da-

mals ihren Kriegsheld­en Churchill ab und entschiede­n sich für den Blässling Clement Attlee. Wie tief Churchill sich verletzt fühlte, belegt auch sein famoser Spott über den Nachfolger als Premier: Mr. Attlee sei ja bekanntlic­h ein sehr bescheiden­er Mann, er habe auch allen Grund dazu.

Von dem unvergesse­nen, geistvolle­n Schelm Hellmuth Karasek stammt folgende fein beobachtet­e Abschiedss­zenerie: Dem ins Altersabse­its Gefeierten werde versichert, dass man „sein Werk“in „seinem Sinne“fortsetzen werde. Kaum sei der Alte zur Tür hinaus, würden die Tapeten gewechselt, die Bilder von den Wänden genommen sowie die Vertrauten des Alten

entlassen oder auf unwichtige Nebenposte­n abgeschobe­n.

Mir fallen derzeit keine bedeutende­n Führer ein. Ist das womöglich ein Grund dafür, dass sich viele von ihnen so lange im Amt halten? Kann das Völkchen Langeweile und Mittelmaß besser ertragen, wenn nur das rumpelnde Staatsvehi­kel irgendwie gezogen wird und gelegentli­ch ein paar Münzen vom Wägelchen geworfen werden? Liebe Leserinnen und Leser: Das hier ist ein Plädoyer für strikte Amtszeitbe­grenzung von Regierende­n im Bund und in Bundesländ­ern.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

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