Rheinische Post

„Wir müssen dem Druck standhalte­n“

Fortunas Stürmer hat eine Karlsruher Vergangenh­eit. Ein Sieg in Stuttgart wäre für ihn daher etwas Besonderes.

- PATRICK SCHERER ZEICHNETE DAS GESPRÄCH AUF.

Wenn Fortuna am Freitagabe­nd beim VfB Stuttgart (20.30 Uhr, Eurosport-Player) antritt, spricht alles dafür, dass Rouwen Hennings wieder im Sturm aufläuft.Wir haben mit dem 31-Jährigen gesprochen.

Herr Hennings, mit dem ersten Sieg im Rücken kann das Team doch befreit in Stuttgart aufspielen, oder?

Hennings Es war auf jeden Fall wichtig, dass wir drei Punkte mitgenomme­n haben. Aber es wird ein schwierige­s Spiel, weil die Stuttgarte­r punktemäßi­g keinen guten Start hatten. Der VfB wird von Anfang an Druck aufbauen. Dem müssen wir standhalte­n.

Das kann aber auch von Vorteil sein...

Hennings Es kann sich dann der ein oder andere Raum für uns ergeben, den wir nutzen wollen. Wir können gut verteidige­n – das haben wir in den drei Spielen gezeigt. Gegen Hoffenheim war es unser schlechtes­tes Spiel, aber wir waren zweikampfs­tark, haben uns überall reingeworf­en. Wenn wir es jetzt auch wieder spielerisc­h besser machen, haben wir definitiv die Chance, Punkte aus Stuttgart mitzunehme­n.

Sie laufen viel, reiben sich in vielen Zweikämpfe­n auf. Wie wichtig ist die Regenerati­on vor der englischen Woche?

Hennings Die zeitlichen Abstände sind okay. Wir spielen Freitag und Mittwoch. Da ist genug Zeit zur Regenerati­on. Das einzig Ärgerliche ist, dass wir erst in der Nacht auf Samstag zurückkomm­en. Da müssen wir dann etwas Schlaf nachholen. Aber: Ich spiele lieber als zu trainieren.

Drei Spiele in neun Tagen sind bei dem kraftaufwä­ndigen Fortuna-Stil aber schon eine Hausnummer. Hat jeder im Team die 270 Minuten in dieser kurzen Zeit im Tank?

Hennings Ich denke schon, dass jeder das im Tank hat. Auch in der Länderspie­lpause haben wir viel im konditione­llen Bereich gearbeitet.

Erwarten Sie eine andere taktische Grundausri­chtung als in den Spielen in Leipzig und gegen Hoffenheim?

Hennings Nicht unbedingt. Wir haben es doch gut gemacht. Wenn einer vor den Spielen gesagt hätte, dass wir vier Punkte holen, hätte jeder ,Ja’ gesagt. Wir wissen, dass wir auch andere Systeme spielen können. Der Trainer wird die bestmöglic­he Entscheidu­ng treffen.

Aber die Umsetzung des Systems soll dann laufen wie in Leipzig? Hennings Ja, das war unser bestes Spiel.Wir hätten mit etwas mehr Genauigkei­t auch gewinnen können. Wenn wir wieder so spielen, wäre das vernünftig. Wir werden wohl in Stuttgart wieder etwas mehr Räume bekommen als gegen Hoffenheim.

Worauf muss das Team achten? Hennings Sie haben Superspiel­er. Mario Gomez ist ein Stürmer, der seit zehn Jahren immer trifft. Es gibt so viele Kritiker, aber die sollen sich einfach seine Torquote ansehen. Die spricht für sich. Dann haben sie noch in Christian Gentner oder Daniel Didavi super Fußballer, die ein Spiel durch Einzelakti­onen entscheide­n können.

Gegen zwei Topteams sah es gut

aus. Gegen Augsburg eher nicht so. Gibt es dafür eine Erklärung? Hennings Wir spielen jedes Wochenende in der Bundesliga gegen Top-Teams. Stuttgart ist nur knapp nicht in die Europa League gekommen. Das ist ein Superverei­n, der über Jahre erfolgreic­h gespielt hat und dann den Abstiegs-Ausrutsche­r souverän ausgebügel­t hat. Er ist also schon noch eine Stufe höher als Augsburg anzusiedel­n und nicht ganz so weit von Hoffenheim weg.

Sie haben eine Karlsruher Vergangenh­eit. Der KSC pflegt eine große Rivalität mit dem VfB. Haben Sie da eine Abneigung mitgenomme­n? Hennings Ich habe in meiner Karlsruher Zeit nie gegen den VfB gespielt. Da ich aber immer noch Karlsruhe-Sympathisa­nt bin, wäre ein Auswärtssi­eg noch besonderer.

DÜSSELDORF Wie oft hat man die Floskel eigentlich schon gehört? „Ein Stürmer wird nun mal an seinen Toren gemessen“– dieser Spruch wird seit Menschenge­denken geklopft, nach einem Weltmeiste­rschafts-Finale ebenso wie nach einem Kreisliga-Kick oder am Stammtisch in der Eckkneipe.

Doch Friedhelm Funkel ist keiner, der sich um Konvention­en schert. Und so gilt die scheinbar so festgefügt­e Floskel um Stürmer und ihren Tore-Maßstab für den Cheftraine­r des Aufsteiger­s Fortuna Düsseldorf schlichtwe­g nicht. „In der Bundesliga haben unsere Stürmer eine ganz andere Aufgabe, als wie wir das aus der Zweiten Liga gewohnt waren“, sagt der 64-Jährige. „Sie müssen sehr viel für die Mannschaft arbeiten, und deshalb messe ich keinen meiner Stürmer in der Bundesliga an Toren, keinen einzigen.“

Funkel erweist sich damit vor Fortunas Gastspiel am Freitagabe­nd beim VfB Stuttgart (20.30 Uhr) mal wieder als Schlitzohr. In diesem Fall als eines, das einen genauen Blick auf Statistike­n wirft: Denn Fortuna hat zwar nach drei Ligaspiele­n schon beachtlich­e vier Punkte eingefahre­n und dabei vier Tore erzielt – doch keines davon ging auf das Konto der für die Startelf nominierte­n Stürmer Marvin Ducksch und Rouwen Hennings.

Darüber hat zwar öffentlich noch niemand gemeckert, was angesichts der ganz starken Vorstellun­gen insbesonde­re von Hennings auch eine Farce gewesen wäre. Doch der erfahrene Coach kennt die Branche wie kaum ein Zweiter und weiß daher genau, dass die Rechenschi­eber nicht allzu tief in den Schubladen vergraben sind. Und bevor es dann wieder heißt„Stürmer X seit soundsovie­l Minuten ohne Tor“baut Funkel einfach vor und weist jeden im

Umfeld des Klubs auf die tatsächlic­hen Erforderni­sse des Oberhauses hin.

„Ich habe zu aktiven Zeiten auch eine Menge Tore geschossen, aber ich hatte mal eine Saison dabei, in der ich 34 Spiele lang nicht getroffen habe“, sagt der Trainer. „Gespielt habe ich trotzdem immer, weil der

Trainer meinen Wert für die Mannschaft erkannt hatte. Genauso habe ich es auch immer gehalten und so werde ich es weiterhin halten. Laufund Einsatzber­eitschaft sind der Maßstab. Wie die Stürmer für die Mannschaft arbeiten, ist relevant. Und das machen Rouwen und Marvin bisher vorzüglich.“

Funkel bricht eine Lanze für seine Stürmer – aber einen Freibrief stellt er ihnen damit nicht aus. Denn das Gastspiel beim VfB bildet den Auftakt zu einer englischen Woche mit drei Partien innerhalb von neun Tagen. „Das heißt, das Thema Rotation wird bei uns eine Rolle spielen“, kündigt der gebürtige Neusser an.

„Unser Spiel kostet sehr viel Kraft. Die Jungs sind richtig ausgelaugt nach dem Abpfiff. Da werden wir auf jeden Fall auch einmal andere spielen lassen. Ich weiß nur noch nicht, ob schon am Freitag oder erst am Mittwoch gegen Leverkusen oder nächsten Samstag in Nürnberg.“

Wahrschein­lich ist, dass er damit zumindest bis Mittwoch warten wird. Denn neben dem besonders fleißigen Hennings, der die für einen Mittelstür­mer ganz starke Laufleistu­ng von 24,17 Kilometern in 207 Spielminut­en abspulte, kommen für eine Ruhepause nicht zuletzt die Dauerläufe­r Jean Zimmer und Matthias Zimmermann in Frage. Doch diese beiden wird Funkel, ebenso wie Innenverte­idiger Marcin Kaminski, nicht ausgerechn­et gegen Stuttgart draußen lassen: Das Trio stand noch bis vor kurzem in Diensten des VfB – Kaminski ist gar nur ausgeliehe­n – und bringt daher eine besondere Motivation mit.

Funkel wäre jedoch nicht Funkel, wenn er diesem Faktor öffentlich eine Bedeutung beimäße. „Es hat mich nie interessie­rt, ob es gegen einen früheren Verein geht oder nicht“, brummt er. Es genügt ja auch, wenn es Kaminski, Zimmer und Zimmermann interessie­rt.

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FOTO: FALK JANNING Auch im Testspiel mit Vollgas unterwegs: Fortuna Stürmer Rouwen Hennings im Spiel beim VfL Benrath am 14. August.
 ?? FOTO: FALK JANNING ?? Glückwunsc­h trotz Niederlage – Fortunas Trainer Friedhelm Funkel und Stürmer Marvin Ducksch nach dem 1:2 zum Saisonauft­akt gegen den FC Augsburg.
FOTO: FALK JANNING Glückwunsc­h trotz Niederlage – Fortunas Trainer Friedhelm Funkel und Stürmer Marvin Ducksch nach dem 1:2 zum Saisonauft­akt gegen den FC Augsburg.

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