Crowdfinanzierung – für Unternehmen einen Blick wert
Was hat die Restaurantkette Coa mit dem Fußballverein Hertha BSC gemeinsam? Sie beide haben bereits Projekte über eine Crowdinvesting-Plattform finanziert.
An der Graf-Adolf-Straße am Südende der Düsseldorfer Königsallee findet sich seit einigen Monaten das Restaurant Coa. Es bietet Asia-CrossoverKüche – und ist eine schnell wachsende Systemgastronomie. Dafür sorgt das Konzept des Gastro-Unternehmens: Aus der Idee im Jahr 2005 wurden mittlerweile 16 Restaurants, zwei weitere stehen unmittelbar vor ihrer Eröffnung, erste Schritte zur Internationalisierung der Restaurantkette wurden bereits gegangen. Im vergangenen Jahr brachte Coa 672.000 Liter Curry auf Teller und in Schüsseln. Diese Zahl dürfte sich bereits deutlich erhöht haben.
Ein so schnelles Wachstum lässt sich nicht organisch aus den Gewinnen finanzieren, denn gerade die Eröffnung neuer Standorte erfordert hohe Investitionen in Küchenausstattung und Einrichtung. Coa hat sich für einen außergewöhnlichen FinanzierungsWeg entschieden und Anfang 2018 über die CrowdlendingPlattform Kapilendo mehr als 1,5 Millionen Euro eingeworben. 29 Tage dauerte es, dann hatten 724 Anleger das Projekt finanziert. Nun kann Coa eine zentrale Dim-Sum-Produktionsstätte bauen und so die Synergieeffekte einer Systemgastronomie noch besser heben.
Der Berliner Fußballverein Hertha BSC ist bereits Wiederholungstäter auf der Crowdlending-Plattform Kapilendo. Er ließ sich von seinen Mitgliedern und Fans finanzieren – und die haben bei der ersten Finanzierungsrunde in nur neun Minuten und 23 Sekunden eine Million Euro investiert. Beim zweiten Anlauf ging es sogar noch schneller. Mit der Summe baut Hertha BSC sein Ausbildungszentrum aus, hat in neue Kunstrasenplätze investiert – und vor allem eine überaus enge Bindung an seine Fanbasis geschaffen.
Zunehmend finanzieren sich Unternehmen aus den klassischen Industrien über Crowd-Plattformen. „Auch wenn die digitalen Start-ups früh erkannt haben, ihre Ideen über eine Investoren-Community zu finanzieren, so findet das Model verstärkt Einzug in den etablierten Mittelstandsmarkt“, weiß Christopher Grätz, Vorstandsvorsitzender und Co-Gründer der Mittelstandsplattform Kapilendo. „Die anfragenden Unternehmen kommen immer häufiger aus ganz traditionellen Branchen – von Spedition und Zahnarztpraxen über Anlagenbau bis Gastronomie. Wer bei uns finanziert, muss mindestens drei Jahre erfolgreich bestehen.“
Bei der Crowdfinanzierung geht es durchaus um große Summen: Unternehmen können über Kapilendo beispielsweise Beträge von 25.000 Euro bis 2,5 Millionen einwerben. Die Laufzeiten der Kredite liegen zwischen zwölf und 60 Monaten. Ein Unterschied zum herkömmlichen Bankkredit: Selbst bei Millionenbeträgen erhält das Unternehmen innerhalb von 48 Stunden eine Rückmeldung, ob das Projekt eine Chance auf Kapilendo hat oder nicht. Und die Anleger sind bereits ab 100 Euro dabei.
Der Markt für Crowdlending ist derzeit noch reichlich fragmentiert – mehr als 100 Plattformen gibt es, die den Unternehmensbereich im Visier haben. Dazu gehören neben Kapilendo auch Lendico, Funding Circle, GLS Crowd, Smava und Companisto. Experten sagen eine Konsolidierung des Marktes voraus. Dabei wächst der Markt gewaltig. „Immer mehr etablierte Unternehmen öffnen sich der digitalen Finanzierung und erkennen, dass wir eine Finanzierung auch in den Bereichen bieten, die bei den Banken eher unbeliebt sind“, sagt KapilendoChef Grätz. „Beim Aufbau eines digitalen Vertriebs fehlt der Bank oft die dingliche Sicherheit, unsere digital-affinen Anleger verstehen aber solche Geschäftsmodelle und unterstützen Unternehmen gerne bei der Digitalisierung.“Generell sollte laut Grätz jeder Finanzchef Crowdlending als Finanzierungs-Option zumindest kennen.