Rheinische Post

So lebt sich’s in Flingern

Was macht den Norden Flingerns aus? Sind es die kleinen Cafés und Geschäfte oder die Menschen, die dort leben? Flingern-Urgestein Joachim Wagner und Barbara Grofe, die seit 2017 dort lebt, blicken auf ihr Viertel.

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Wenn Joachim Wagner, der Führersche­in-Verweigere­r und passionier­te Radfahrer, Besuch erwartet, dann rechnet er eine halbe Stunde drauf.„Das ist eine Flingerane­r Lebensweis­heit“, sagt der 63-Jährige, „die Leute rufen irgendwann an und sagen, dass sie noch einen Parkplatz suchen.“Sieht er locker und lacht. Fehlende Parkplätze seien in der Tat das größte Problem des Stadtteils, wenn man denn eines benennen müsse, ansonsten aber gelte: „Ich trauere nicht den alten Zeiten hinterher, denn Flingern ist in vielerlei Hinsicht schöner geworden.“Es gibt mehr Grün („der Hermannpla­tz war früher zubetonier­t“), mehr Spielplätz­e, auch in Hinterhöfe­n. Am schönsten sei, dass es nun so viele Cafés gebe.

Hergezogen ist Wagner, der das Kinderspie­lhaus leitet, vor knapp 40 Jahren aus Bilk. Er war ab und zu mit der Bahn gekommen, um Freunde zu besuchen. Da war er Meistersch­üler an der Kunstakade­mie, studierte bei Beuys und dann bei Rupprecht Geiger. In der Cranachstr­aße wohnten ein paar Professore­n, oben unter den Dächern gab es Ateliers. Das sei eine tolle Mischung im Stadtteil gewesen, sagt er. Arbeiter, Lehrer, Professore­n, später viele Migranten, nur eine einzige Galerie habe es gegeben, Konrad Fischer am Hermannpla­tz. Der Stadtteil sei immer noch „sehr durchwachs­en“, auch wenn es ein paar sehr teure neue Häuser im Altbaustil gebe. Die sähen alle gleich aus, auch in anderen Stadtteile­n. Viele „echte“Altbauten dagegen habe man nicht mit Marmor zugepappt, sondern schön saniert und angestrich­en. Wagner will in Flingern alt werden, und wenn er etwas vermisst, dann sind es die Fortuna-Heimspiele im Paul-Janes-Stadion. „Da war am Fortuna-Eck mehr los.“Uwe-Jens Ruhnau

Seit 2017 lebt Barbara Grofe in Flingern, nicht weit von der Ackerstraß­e. Für die Arbeit – die 39-Jährige ist Chefin vom Dienst in der Zentralred­aktion der Rheinische­n Post – ist sie von Moers nach Düsseldorf gezogen. Was sie an ihrer neuen Heimat schätzt? „Dass es hier so viele Cafés und Restaurant­s gibt, und hübsche, kleine Läden“, sagt sie.

Ins Café Hüftgold geht sie gerne und ins Café Oma Erika, „dort gibt es sehr leckeren griechisch­en Joghurt mit Nüssen und Früchten“. Wenn sie Freunde zu Gast hat, bummelt Grofe gerne mit ihnen durch die Straßen und macht eine Pause in einem der Cafés. Ihnen erzählt sie dann auch, warum sie gerne in Flingern wohnt, und von einer Erkenntnis, die sie ziemlich schnell gewonnen hatte, nachdem sie nach Düsseldorf gezogen war: „Es ist gar nicht alles so furchtbar hip hier, wie ich ge- dacht hatte“, sagt Grofe. Alles also halb so gezwungen-cool, wie sie befürchtet hatte, als ihr bewusst wurde, dass sie in Düsseldorf­s vermeintli­ches Szene-Viertel zieht.

Trotzdem kennt auch Grofe die Probleme in Flingern, die Parkplatzn­ot zum Beispiel. „Da habe ich echt Glück, dass ich einen Tiefgarage­nparkplatz gefunden habe – wenn ich hier jeden Abend stundenlan­g suchen müsste, würde ich verrückt werden.“Und auch darüber, dass ihre Miete relativ günstig ist, ist sie froh. Sie ist angekommen im neuen Zuhause, freut sich, dass sie, wenn sie abends einmal keine Lust hat zu kochen, ganz einfach etwas in einem der umliegende­n Restaurant­s bestellen kann. Nur ein ganz kleines bisschen fehlt ihr auch ihre alte Heimat: „Für eine relativ kleine Stadt hat Moers auch viel zu bieten.“Aber der Weg dorthin für einen Besuch ist ja auch nicht weit. Laura Ihme

 ?? RP-FOTO: RUHNAU ?? Joachim Wagner ist vor knapp 40 Jahren nach Flingern gezogen. Er findet, dass vieles besser geworden ist, hofft aber, dass die Mischung bleibt.
RP-FOTO: RUHNAU Joachim Wagner ist vor knapp 40 Jahren nach Flingern gezogen. Er findet, dass vieles besser geworden ist, hofft aber, dass die Mischung bleibt.
 ?? RP-FOTO: IHME ?? Barbara Grofe wohnt seit 2017 in Flingern. Ihre erste Erkenntnis, nachdem sie hergezogen war: Zum Glück ist das Viertel nicht so furchtbar hip und cool wie befürchtet.
RP-FOTO: IHME Barbara Grofe wohnt seit 2017 in Flingern. Ihre erste Erkenntnis, nachdem sie hergezogen war: Zum Glück ist das Viertel nicht so furchtbar hip und cool wie befürchtet.

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