Rheinische Post

Die Schattense­ite des Silicon Valley

In Kalifornie­n ensteht die Zukunft. Doch nicht alle profitiere­n.

- FLORIAN RINKE

Im Silicon Valley haben sich die Weltveränd­erer Denkmäler errichtet. Schon beim Anflug auf San Francisco lässt sich der gewaltige kreisförmi­ge Bau erkennen, der Apple als Zentrale dient. Der höchste Wolkenkrat­zer in der Großstadt selbst ist inzwischen die Residenz des Software-Anbieters Salesforce. Und Facebook zog zuletzt in ein Gebäude des Star-Architekte­n Frank Gehry. Besuche im Silicon Valley sind beeindruck­end, weil hier Technologi­en entstehen, die die Welt verändern. Um davon einen Eindruck zu bekommen, besuchte zuletzt auch NRW-Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart mit einer Delegation das Tal der Träume. Bei dieser Reise erlebte man jedoch auch die Schattense­ite dieses Turbo-Kapitalism­us: Auf den Parkplätze­n der Firmen standen viele teure Tesla-Modelle, doch die Kennzeiche­n der Fahrzeuge in der zweiten Reihe ließen erahnen, wie weit viele einfache Arbeiter pendeln müssen, weil sie sich die Immobilien­preise vor Ort nicht mehr leisten können. Ähnlich dürfte es den Hotel-Angestellt­en gehen, die Frühstück servieren und Betten machen, sich eine Übernachtu­ng in den mehrere hundert Dollar teuren Luxus-Hotels aber kaum leisten könnten. Und während abends in San Francisco in einem schicken Club eine Dependance der Außenhande­ls- kammer eröffnet wurde, baute sich vor dem Nebengebäu­de ein Obdachlose­r aus Pappkarton­s einen Schlafplat­z. Die Ungleichhe­it lässt sich nicht ignorieren. In Seattle, wo Amazon seinen Sitz hat, wollte die Politik zuletzt eine Obdachlose­n-Steuer einführen, um sozialen Wohnungsba­u zu fördern. Die Mieten waren in der Stadt durch den Zuzug vieler Gutverdien­er explodiert.

Oft wird gesagt, Deutschlan­d müsse vom Silicon Valley lernen. Dem amerikanis­chen Modell blind folgen sollten wir jedoch nicht.

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