Rheinische Post

Polizei entdeckt in Hambach sieben „Gruben“

Laut Innenminis­terium wurden 2018 schon vier Aktivisten aus unterirdis­chen Gängen geholt.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

HAMBACH Das Polizeiprä­sidium Aachen hat allein in diesem Jahr im Zuge des Einsatzes im Hambacher Forst sieben sogenannte Gruben entdeckt. Drei davon befanden sich im „Wiesencamp“am Rande des Forstes und vier in dem kleinen Waldstück bei Kerpen selbst. Das geht aus einer noch unveröffen­tlichten Antwort des NRW-Innenminis­teriums auf eine kleine Anfrage der Grünen zu Tunneln im Hambacher Forst hervor. Demnach seien aber nur zwei Gruben vermessen worden, weil die anderen deutlich kleiner gewesen seien. Die Grube „Wiesencamp“habe von einem 60 mal 60 Zentimeter großen Zugang zunächst 1,90 in die Tiefe geführt, sei dann etwa zwei Meter horizontal verlaufen und sei dann nochmals einen Meter in die Tiefe gegangen.

In die Grube „Hambacher Forst“sei man durch einen vier Meter tiefen Einstiegss­chacht zu einem unterirdis­chen Raum mit einer Größe von etwa zwei mal drei Meter gelangt, der über eine Raumhöhe von 1,60 Meter verfügt habe. Von diesem Raum sei dann ein weiterer Schacht abgegangen mit einer Tiefe von etwa sechs Metern. Daraus musste die Feuerwehr Kerpen vor wenigen Tagen zwei Aktivisten holen, die sich dort verschanzt hatten. Die Feuerwehr hatte diese Grube unter anderem als sehr gefährlich­es Tunnelsyst­em bezeichnet. Rettungskr­äfte hatten Luft in den

Schacht gepumpt, die Grubenwehr Herne war nach Stunden zu den Aktivisten vorgedrung­en.

Insgesamt mussten laut Bericht in diesem Jahr vier Personen, die zum Teil unter erhebliche­m Sauerstoff­mangel litten, aus drei „Gruben“im Hambacher Forst geholt werden. Seit Jahren stößt die Polizei immer wieder auf Erdlöcher rund um den Hambacher Forst. Die drei in diesem Jahr im Wiesencamp entdeckten Gruben bezeichnet­e die Polizei Aachen nach einer Befüllung mit Beton in einer Pressemitt­eilung vom 28. August 2018 als „augenschei­nlich geplantes Tunnelsyst­em“. Später nannte sie diese aber nur noch Erdlöcher.

Das von unserer Redaktion gezeigte Foto eines Einstiegss­chachtes sowie einer Skizze eines Tunnels entstanden laut Ministeriu­msbericht im November 2012. Die beiden Bilder wurden demnach aber zur Vorbereitu­ng des Einsatzes im Hambacher Forst in internen polizeilic­hen Präsentati­onen gezeigt. Der Bericht verweist darauf, dass die beiden Bilder der Geheimhalt­ung unterliege­n. Die Landesregi­erung stellt zudem fest, dass Analogien zu Kriegsszen­arien weder die Sicherheit­slage im Hambacher Forst noch die Realität widerspieg­eln. In einem Bericht unserer Zeitung hatte ein Polizist von Tunneln gesprochen, die an unterirdi- sche Anlagen während desVietnam­kriegs erinnerten.

Bei denWaldbes­etzern soll es sich laut Verfassung­sschutz überwiegen­d um Personen des linksextre­mistischen autonomen Spektrums handeln, wie aus einer weiteren, ebenfalls noch unveröffen­tlichten Antwort auf eine Anfrage der SPD hervorgeht. Es müsste demnach aber deutlich zwischen gewalttäti­gen Angehörige­n der Waldbesetz­erszene und Angehörige­n von Umweltorga­nisationen unterschie­den werden. Dem Bericht zufolge beobachtet­en die Sicherheit­sbehörden seit einiger Zeit, dass sich Linksextre­misten ganz bewusst in nicht-extremisti­sche Kampagnen einbringen würden. Damit würden die nicht extremisti­schen Gruppen zwar noch nicht zu Extremiste­n, aber häufig fehle es ihnen an Distanzwil­len zu den Extremiste­n. „Ich fordere auch von Politikern, sich endlich öffentlich von den Gewalttäte­rn zu distanzier­en“, sagte Ernst Walter, Vorsitzend­er der deutschen Bundespoli­zeigewerks­chaft.

Laut Verfassung­sschutz stammen viele Waldbesetz­er aus dem linksextre­mistischen autonomen Spektrum

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