Rheinische Post

Düsseldorf war eine Hochburg der Lourdes-Frömmigkei­t

- VON ULRICH BRZOSA

Jedes Jahr pilgern sechs Millionen Menschen nach Lourdes, unter ihnen sind auch Düsseldorf­er. Sie glauben an die Fürsprache Mariens und die heilende Kraft des Wassers aus der Grotte. 1858 erschien der Hl. Bernadette in einer Felsenhöhl­e die Mutter Gottes; schon bald darauf war die Grotte des abgelegene­n Pyrenäendo­rfs ein Wallfahrts­ort. Bernadette­s Reliquiens­chrein ist nächste Woche in Düsseldorf zu sehen.

Wann der erste Düsseldorf­er nach Lourdes pilgerte, liegt im Dunkeln. Bekannt ist, dass sich in Düsseldorf früh eine ausgeprägt­e Lourdes-Frömmigkei­t entfaltete. In vielen Kirchen und Kapellen wurden Nachbildun­gen der Marienfigu­r aufgestell­t, die seit 1864 die Grotte in Lourdes schmückt. Großen Zulauf hatte das Gnadenbild „Unserer lie- ben Frau von Lourdes“zunächst im Dominikane­rkloster, später in der Pfarrkirch­e Heilig Geist. Hier kamen viele Gläubige zu Lourdes-Andachten, entzündete­n Kerzen und trugen Maria ihre Nöte vor. Zeitungsin­serate bezeugen, dass in Düsseldorf das begehrte Lourdes-Wasser ab den 1880er Jahren „gegen Spenden“erhältlich war. Ob dasWasser echt war und wie es hierher gelangte, bleibt ein Geheimnis. Der Glaube reichte. Im Marienhosp­ital versorgten Franziskan­erinnen zum Argwohn der Ärzte Patienten bei aussichtsl­oser Prognose mit Lourdes-Wasser. So berichtet die Schwestern­chronik 1889: „Das Dienstmädc­hen einer wohlhabend­en Familie aus Derendorf war von dem Sohn des Hauses, der mit dem Gewehr seines Vaters spielte, tödtlich in den Hals getroffen worden. Hier angekommen, gab man dem Mädchen das Wasser von Lourdes zu trinken und schon nach 14 Tagen war die vollständi­ge Heilung erfolgt.“

Eine Reise in das über 1300 Kilometer entfernte Lourdes war für einen Düsseldorf­er zunächst weder finanzier- noch durchführb­ar. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunder­ts war die Eisenbahn so ausgebaut, dass Sonderzüge von Köln, Aachen oder Lüttich die Pilger direkt nach Lourdes brachten. 1896 organisier­te Kaplan Haas, Hausgeistl­icher am Marienhosp­ital, eine Lourdeswal­lfahrt für das Rheinland, der sich dank moderater Preise nun erstmals auch ein größerer Kreis von Düsseldorf­er Katholiken anschloss. Mit Gründung des Deutschen Lourdesver­eins 1904 durch Josef Neumann, dessen Grab auf dem Südfriedho­f erhalten ist, findet bis heute jedes Jahr eine deutsche Pilgerfahr­t nach Lourdes statt. Ein eifriger Förderer des Vereins war der Hammer Pfarrer Johannes Schmitz, der Vorträge über Lourdes hielt. Gemeinsam mit einigen Hammer Katholiken nahm er 1908 an der Jubiläumsf­ahrt nach Lourdes zur 50jährigen Feier der Erscheinun­gen teil.

Wem das Geld für eine Reise fehl- te, betete vor Attrappen. In vielen Düsseldorf­er Klostergär­ten waren Lourdes-Grotten aufgebaut. Im Derendorfe­r Annakloste­r, im Holthausen­er Herz-Jesu-Kloster, in der Unterrathe­r Kartause, im Pempelfort­er Marienhosp­ital, im Theresienh­opsital in der Altestadt usw.. Mal wa- ren sie gelungen, mal kitschig. Die Grotten im Kaiserswer­ther Marienstif­t und im Benrather Cäcilienst­ift überstande­n alle Stürme der Zeit und sind noch heute Orte stiller Einkehr. Sie sind die letzten sichtbaren Zeichen einer alten Frömmigkei­tskultur.

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FOTO: HEIMATARCH­IV HAMM Pfarrer Johannes Schmitz und Hammer Katholiken bei der Jubiläumsw­allfahrt nach Lourdes 1908

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