Handwerklicher Schliff für den perfekten Ton
Der Zupfinstrumenten-Machermeister Stephan Schmitz kümmert sich in seiner Werkstatt um unterschiedliche Saiteninstrumente.
RATH Es ist eine Situation, die wohl jeder kennt: Man geht zum Arzt und als erstes fällt der Blick auf ist ein volles Wartezimmer. Bei Stephan Schmitz ist das nicht anders. Dicht an dicht stehen seine Patienten nebeneinander und warten auf ihre Behandlung. Die Gebrechen sind ganz unterschiedlicher Natur: Von Halsproblemen bis zu Rissen in der Decke ist alles dabei. Das die Pflegefälle manchmal über 100 Jahre alt sind, hat einen einfachen Grund: Stephan Schmitz repariert Saiteninstrumente und ist gelernter Zupfinstrumenten-Machermeister.
Die Grundlagen für seinen ungewöhnlichen Beruf wurden ihm schon in frühen Jahren beigebracht. „Mit 15 habe ich in Koblenz beim Musikhaus Klein meine Ausbildung begonnen“, erzählte Schmitz. „Ich hatte schon immer Spaß an handwerklicher Arbeit und wollte das mit meinem Interesse an Musik verbinden.“Zu Beginn der Ausbildung lernte er vor allem die technischen Aspekte der Arbeit kennen. Es galt, unterschiedlichste Spezialwerkzeuge und Maschinen zu meistern, die bei der Fertigung der Instrumente benötigt wurden: „Musikalische Feinheiten wie die Gehörbildung waren am Anfang zweitrangig. Auf die einzelnen Arbeitsschritte kam es an“, erklärte Schmitz. Gelegentlich wird er auch heute noch an die Anfänge seiner Karriere erinnert: „Manchmal bekomme ich ein Klein-Instrument zur Reparatur zugeschickt. Darüber freue ich mich natürlich besonders, gerade weil es die Firma leider nicht mehr gibt.“Während seiner Ausbildung und als Geselle war der heute 60-Jährige an der Fertigung von vielen Saiteninstrumenten beteiligt, aber auf ein spezielles Exemplar ist er besonders stolz: „Um den Meistertitel zu erhalten, musste ich komplett in Eigenregie ein Instrument bauen“, berichtet er. „Also habe ich eine klassische Gitarre nach meinen Vorstellungen entworfen und in über 100 Stunden gebaut.“Schmitz, der selbst nur sehr wenig Gitarre spielt, kann den Tönen seines Meisterstücks bis heute lauschen: „Meine Frau und ich setzten uns immer wieder zusammen und spielen gemeinsam. Sie meine Gitarre und ich die Querflöte“, erzählte er mit einem breiten Lächeln. „Ein Instrument muss schließlich gespielt werden, sonst verliert es seinen Klang.“
Inzwischen widmet er sich in seiner Werkstatt meistens der Reparatur und Instandhaltung von Gitarren, Bässen, Mandolinen und anderen Saiteninstrumenten. Sowohl Hobbymusiker, als auch Musikschulen und bekanntere Auftraggeber gehören zu seinen Kunden. Deren Namen möchte der gebürtige Düsseldorfer aber lieber für sich behalten. Schmitz Werkstatt macht auf jeden Fall den Eindruck, als wäre er auf die meisten Herausforderungen gut vorbereitet: Hölzer stapeln sich in den Regalen, Spezialmaschinen säumen die Arbeitsplatten und an jeder noch freien Stelle stehen Instrumente. Für jeden Kundenwunsch gibt es spezielle Vorgehensweisen und Werkzeuge: „Bei einem Riss in der Klangdecke kommt in der Regel Leim und ein Holzpflaster zum Einsatz. Ist der Riss zu breit, dann setzte ich einen passenden Holzspan ein“, erklärte der Handwerker.
Seit einigen Jahren hat sich Schmitz beruflich auch in eine andere handwerkliche Richtung orientiert. „Es ist für Musikgeschäfte und Instrumentenbauer nicht einfach in der Branche zu bestehen, deswegen habe ich mir mit dem Gießereimodellbau ein zweites Standbein geschaffen“, erläuterte er. Auch hier gestaltet sich Schmitz Aufgabenbereich facettenreich: „Ich habe zum Beispiel Gießmodelle für die Produktion von Maschinen gefertigt und auch am Bau eines 22 Meter großen Straßenbahnmodells mitgeholfen“, berichtete er begeistert. „An einem nachgebauten Bahnhof aufgebaut, sollte das Modell quasi als Prototyp potentiellen Fahrgästen vorgeführt werden.“
In seiner Freizeit widmet sich Schmitz immer wieder einigen Instrumenten in seiner Werkstatt, die nicht auf die Reparatur warten: „Die Restauration von Instrumenten macht mir besonders Spaß“, erzählte er, während er eine ungewöhnlich aussehende Laute mit zwei Hälsen aus einer Ecke in der Werkstatt holte. „Wenn ich die Zeit habe, schenke ich Instrumenten wie diesem hier gerne ein zweites Leben.“Über die Zeit nach seiner Arbeit hat er bisher noch keine Gedanken verloren:„Solange meine Hände und Augen noch funktionieren, ist kein Ende in Sicht. Einen besseren Ausgleich als diese Arbeit gibt es für mich nicht.“, sagte er mit einem Grinsen.„Die Anerkennung der Musiker für meine Leistung möchte ich zudem nicht missen. Für mich fühlt sich das immer ein bisschen wie der Applaus der Zuschauer nach einem Auftritt an.“