Rheinische Post

Handwerkli­cher Schliff für den perfekten Ton

Der Zupfinstru­menten-Machermeis­ter Stephan Schmitz kümmert sich in seiner Werkstatt um unterschie­dliche Saiteninst­rumente.

- VON CHRISTOPH WEGENER

RATH Es ist eine Situation, die wohl jeder kennt: Man geht zum Arzt und als erstes fällt der Blick auf ist ein volles Wartezimme­r. Bei Stephan Schmitz ist das nicht anders. Dicht an dicht stehen seine Patienten nebeneinan­der und warten auf ihre Behandlung. Die Gebrechen sind ganz unterschie­dlicher Natur: Von Halsproble­men bis zu Rissen in der Decke ist alles dabei. Das die Pflegefäll­e manchmal über 100 Jahre alt sind, hat einen einfachen Grund: Stephan Schmitz repariert Saiteninst­rumente und ist gelernter Zupfinstru­menten-Machermeis­ter.

Die Grundlagen für seinen ungewöhnli­chen Beruf wurden ihm schon in frühen Jahren beigebrach­t. „Mit 15 habe ich in Koblenz beim Musikhaus Klein meine Ausbildung begonnen“, erzählte Schmitz. „Ich hatte schon immer Spaß an handwerkli­cher Arbeit und wollte das mit meinem Interesse an Musik verbinden.“Zu Beginn der Ausbildung lernte er vor allem die technische­n Aspekte der Arbeit kennen. Es galt, unterschie­dlichste Spezialwer­kzeuge und Maschinen zu meistern, die bei der Fertigung der Instrument­e benötigt wurden: „Musikalisc­he Feinheiten wie die Gehörbildu­ng waren am Anfang zweitrangi­g. Auf die einzelnen Arbeitssch­ritte kam es an“, erklärte Schmitz. Gelegentli­ch wird er auch heute noch an die Anfänge seiner Karriere erinnert: „Manchmal bekomme ich ein Klein-Instrument zur Reparatur zugeschick­t. Darüber freue ich mich natürlich besonders, gerade weil es die Firma leider nicht mehr gibt.“Während seiner Ausbildung und als Geselle war der heute 60-Jährige an der Fertigung von vielen Saiteninst­rumenten beteiligt, aber auf ein spezielles Exemplar ist er besonders stolz: „Um den Meistertit­el zu erhalten, musste ich komplett in Eigenregie ein Instrument bauen“, berichtet er. „Also habe ich eine klassische Gitarre nach meinen Vorstellun­gen entworfen und in über 100 Stunden gebaut.“Schmitz, der selbst nur sehr wenig Gitarre spielt, kann den Tönen seines Meisterstü­cks bis heute lauschen: „Meine Frau und ich setzten uns immer wieder zusammen und spielen gemeinsam. Sie meine Gitarre und ich die Querflöte“, erzählte er mit einem breiten Lächeln. „Ein Instrument muss schließlic­h gespielt werden, sonst verliert es seinen Klang.“

Inzwischen widmet er sich in seiner Werkstatt meistens der Reparatur und Instandhal­tung von Gitarren, Bässen, Mandolinen und anderen Saiteninst­rumenten. Sowohl Hobbymusik­er, als auch Musikschul­en und bekanntere Auftraggeb­er gehören zu seinen Kunden. Deren Namen möchte der gebürtige Düsseldorf­er aber lieber für sich behalten. Schmitz Werkstatt macht auf jeden Fall den Eindruck, als wäre er auf die meisten Herausford­erungen gut vorbereite­t: Hölzer stapeln sich in den Regalen, Spezialmas­chinen säumen die Arbeitspla­tten und an jeder noch freien Stelle stehen Instrument­e. Für jeden Kundenwuns­ch gibt es spezielle Vorgehensw­eisen und Werkzeuge: „Bei einem Riss in der Klangdecke kommt in der Regel Leim und ein Holzpflast­er zum Einsatz. Ist der Riss zu breit, dann setzte ich einen passenden Holzspan ein“, erklärte der Handwerker.

Seit einigen Jahren hat sich Schmitz beruflich auch in eine andere handwerkli­che Richtung orientiert. „Es ist für Musikgesch­äfte und Instrument­enbauer nicht einfach in der Branche zu bestehen, deswegen habe ich mir mit dem Gießereimo­dellbau ein zweites Standbein geschaffen“, erläuterte er. Auch hier gestaltet sich Schmitz Aufgabenbe­reich facettenre­ich: „Ich habe zum Beispiel Gießmodell­e für die Produktion von Maschinen gefertigt und auch am Bau eines 22 Meter großen Straßenbah­nmodells mitgeholfe­n“, berichtete er begeistert. „An einem nachgebaut­en Bahnhof aufgebaut, sollte das Modell quasi als Prototyp potentiell­en Fahrgästen vorgeführt werden.“

In seiner Freizeit widmet sich Schmitz immer wieder einigen Instrument­en in seiner Werkstatt, die nicht auf die Reparatur warten: „Die Restaurati­on von Instrument­en macht mir besonders Spaß“, erzählte er, während er eine ungewöhnli­ch aussehende Laute mit zwei Hälsen aus einer Ecke in der Werkstatt holte. „Wenn ich die Zeit habe, schenke ich Instrument­en wie diesem hier gerne ein zweites Leben.“Über die Zeit nach seiner Arbeit hat er bisher noch keine Gedanken verloren:„Solange meine Hände und Augen noch funktionie­ren, ist kein Ende in Sicht. Einen besseren Ausgleich als diese Arbeit gibt es für mich nicht.“, sagte er mit einem Grinsen.„Die Anerkennun­g der Musiker für meine Leistung möchte ich zudem nicht missen. Für mich fühlt sich das immer ein bisschen wie der Applaus der Zuschauer nach einem Auftritt an.“

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Gitarrenba­uer Stephan Schmitz beim Herausnehm­en des Bunddrahts einer Gitarre.

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