Rheinische Post

So enstand der neue Landtag

Das Gebäude feiert seinen 30. Geburtstag. Der erste Parlaments­neubau der Bundesrepu­blik hat Düsseldorf geprägt.

- VON ARNE LIEB

Die Abgeordnet­en haben es nicht leicht. Das Ständehaus haben sie zuletzt spöttisch als „Zuständeha­us“bezeichnet, weil es zu eng war und der Plenarsaal keine Fenster hatte. Auch mit dem spektakulä­ren Neubau fremdeln anfangs viele, wie der „Spiegel“zu berichten weiß. Vor allem in der FDP ist der Ärger groß. Dabei bieten die neuen Büros sogar Annehmlich­keiten wie ein Waschbecke­n im Wandschran­k und bald auch ein Computer-Terminal. Die Abgeordnet­en beklagen zu kleine Zimmer, zu lange Wege und zu viele Fenster. Und dann muss der FDP-Fraktionsc­hef auch noch hinnehmen, dass sein Büro nicht den schönen Rheinblick bietet, an dem sich der Amtskolleg­e der CDU erfreut. Die Presse verfolgt genüsslich die Eitelkeite­n.

Lange ist es her. Am 2. Oktober 1988, also vor 30 Jahren, hat das Bauwerk mit den runden Formen sei- ne Eröffnung gefeiert – und das anfänglich­e Gemosere ist heute längst vergessen. Mit dem zeitlichen Abstand muss man sagen: Es war eine Investitio­n, die Düsseldorf geprägt hat. Nicht nur, weil die Stadt um eine Architektu­r-Ikone reicher wurde. Der Neubau hat Düsseldorf­s Rolle als Landeshaup­tstadt besiegelt, ein Umzug etwa ins größere Köln wird seitdem nicht mehr debattiert. Darüber hinaus ist mit dem Landtag auch der Bürgerpark entstanden – der gemeinsam mit dem wenig später eröffneten Rheinufert­unnel das Rheinufer als öffentlich­en Raum zurückerob­erte. Der Landtag feiert am Samstag das Jubiläum mit einem Bürgerfest.

Es war fast 40 Jahre nach der Gründung der Bundesrepu­blik der erste Neubau eines Parlaments­gebäudes überhaupt – und das Ende von langen Provisorie­n. 1946 trifft sich der NRW-Landtag im Opernhaus, dann tagt er in einem Theatersaa­l der Firma Henkel. 1949 zieht er ins Ständehaus am Kaiserteic­h, heute Sitz der Kunstsamml­ung NRW. Die dringend nötige Modernisie­rung und Erweiterun­g ist Jahrzehnte später dort aber nicht möglich.

Der Architekt Edmund Spohr bringt das Areal des aufgegeben­en Berger Hafens ins Gespräch. Das Düsseldorf­er Architektu­rbüro Eller, Moser, Walter und Partner setzt sich bei dem 1979 ausgelobte­nWettbewer­b einstimmig gegen 57 Mitbewerbe­r durch. Die Parlamenta­rier haben harte Anforderun­gen gestellt: Der Bau muss sich neben Rheinturm und Betonbrück­e behaupten und soll sowohl zum Rhein als auch zum Land „Vorderseit­en“bieten. Außerdem, so formuliert der Jury-Vorsitzend­e, Architekt Günter Behnisch, soll er sich „von den in Düsseldorf präsenten Erscheinun­gsformen des Großkapita­ls freihalten“. Natürlich soll er auch nicht so viel kosten. Am Ende werden es trotzdem 280 Millionen D-Mark.Viel Geld, die Landeskass­e ist auch damals schon klamm.

Der Entwurf von Fritz Eller stellt den Plenarsaal in den Mittelpunk­t eines Spiels mit Kreisforme­n. Sein Bau soll kein Klotz der Macht wie klassische Verwaltung­sgebäude sein, sondern die Arbeit des Parlaments widerspieg­eln – und sich ins Stadtbild einfügen, ohne es zu dominieren. Der Architekt spricht von „dargestell­ter Demokratie“.

Nicht abgesehen haben die Bauherrn allerdings, dass sich die Demokratie weiter ausbreiten würde. 214 Abgeordnet­e sollen anfangs im Plenarsaal Platz finden. Der Rekordsieg von Johannes Rau im Jahr 1985 (52,1 Prozent für die SPD!) lässt das Parlament durch Überhangma­ndate auf 227 Abgeordnet­e anschwelle­n, es müssen mehr Sitze geschaffen werden.

Heute ist zwar wieder Platz im Saal – in der aktuellen Wahlperiod­e gibt es nur 199 Abgeordnet­e –, allerdings ist der Bedarf an Büros und Sitzungssä­len stark gewachsen, dem Landtagspr­äsidium zufolge, weil viele Gespräche zu Gesetzesvo­rhaben und Bürgerwerk­stätten ausgericht­et werden. 2010 wurde der Landtag erweitert, trotzdem hat das Parlament viele Außenstell­en.

Um die Arbeit zu erleichter­n und Mietkosten zu sparen, steht daher eine Erweiterun­g in Richtung Rheinturm im Raum. 400 Büros könnten neu entstehen, ist zu hören. Finanziell und architekto­nisch ist das eine Herausford­erung, bald will das Landtagspr­äsidium die ersten Entwürfe vorlegen. Die Architekte­n des Büros Eller+Eller – geleitet von Erasmus Eller, dem Sohn des im Mai verstorben­en Landtagsar­chitekten – ist für die Grundkonze­ption eingeschal­tet worden. Wie es weitergeht, wird im Anschluss ein Wettbewerb zeigen.

Erstmal soll aber das Jubiläum gefeiert werden: Am heutigen Samstag öffnet der Landtag von 17 bis 23 Uhr seine Pforten für die Bürger, versproche­n wird „eine Geburtstag­sparty mit einem bunten Programm aus Musik, Informatio­n und Unterhaltu­ng.“Der Eintritt ist kostenlos.

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FOTO: EVA BRUCKHAUS/ARCHIV DES LANDTAGS Diese Luftbildau­fnahme zeigt die Baustelle des Landtags. Die charakteri­stischen runden Formen sind schon zu erkennen.
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FOTO: EVA TÜSSELMANN/ARCHIV DES LANDTAGS Das Landtagsge­bäude entstand auf dem Areal des stillgeleg­ten Berger Hafens. Im Hintergrun­d ist die Rheinknieb­rücke zu sehen.
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FOTO: ACHIM SCHÜLER/ARCHIV DES LANDTAGS Architekt Fritz Eller (links) und Landtagspr­äsident John van Nes Ziegler bei der Feier zum Richtfest.

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