Preisgekrönte Wohnung im Loft
Das Heim eines Paares in Flingern-Süd wurde jetzt zu einem der 30 schönsten Wohnkonzepte in Deutschland erwählt.
Das Zuhause eines Paares in Flingern-Süd wurde jetzt zu einem der 30 schönsten Wohnkonzepte in Deutschland erwählt.
Allein dieses Treppenhaus: breite Stufen, dieWände in einem dunklen Meeresblau gekachelt. Man könnte immer weiter empor steigen - nur wegen dieser Farbe. Aber im zweiten Stock ist das Ziel schon erreicht: eine Wohnung wie aus einem Vorzeigebuch für Innenarchitektur. Und genau dahin hat sie es gerade geschafft: Das Zuhause von Bettina und Markus Kratz wurde zu einer der 30 schönstenWohnungen in Deutschland erwählt. Aber die beiden wussten auch vorher schon, dass sie da ein Juwel haben.
Die Pinienstraße in Flingern-Süd: altes Industriegebiet, zum Zakk sind es nur ein paar Schritte, zur Kiefernstraße, Düsseldorfs ehemaliger Hausbesetzer-Szene, auch. Markus Kratz wohnt schon seit über 30 Jahren hier, früher im Erdgeschoss des altenVerwaltungsgebäudes von Klöckner aus den 1930-er Jahren, wo sein Fotostudio bis heute eine Adresse hat. „Die Gegend hat sich sehr verändert, damals stand ständig ein Mannschaftswagen der Polizei an der Kiefernstraße.“Heute soll es vorkommen, dass sich manche Bewohner über die laute Musik im Zakk beschweren würden - so ändern sich die Zeiten.
Als die beiden vor etwa acht Jahren erfuhren, dass die Wohnung im zweiten Stock frei wird, griffen sie sofort zu. Allein wegen des Loft-Charakters, und weil sich immer noch etwas von der einstigen Kontor-Kernigkeit spüren lässt. Wo sich früher Bürozellen aneinanderreihten, getrennt von Holzwänden mit Glasfenstern, schuf das Paar (sie ist Innenarchitektin, er Kommunikations-Designer, beide leiten das Planungsbüro kplus) einen großen Raum mit dunkel gebeiztem Eichenparkett. Der Clou: Sie fügten die alten Trennwände neu zusammen, so entstand eine Schlafbox, in die gerade mal ein Doppelbett passt - ein intimes Séparée.
Die Einrichtung des Wohnraums ist ein Mix aus Erbstücken, Design-Fundstücken und Möbeln, die sie selbst entworfen haben, wie der große Esstisch, die Platte ist eine schwarze Tafel - die sich beschreiben lässt, für Einkaufslisten oder Botschaften. Dazu zwei passende Bänke, die eine mit einer Filzauflage, die andere mit einem Zebrafell gepolstert - „darauf dürfen unsere Gäste sitzen.“Zwei holländischen Kirchenstühlen hat Bettina Kratz Kindersöckchen über die Beine gestülpt, auf einem Stapel alter Reisekoffer wohnt ein Teddybär, Relikt aus den Kindertagen des Hausherrn.
Auch die Küche ist durch eine alte Bürowand mit einem Aussichtsfenster vom Wohnraum getrennt. Wäre auch schade sie zu verbergen, denn ihr Prunkstück ist eine ausrangierte Werkbank, eine dicke Marmorplatte wurde zur Umrandung für das Kochfeld. Bürolampen schaffen die Verbindung zur Vergangenheit und tauchen den Raum in lila Licht, die Farben sind vom Handy steuerbar. „Wenn wir backen, nehmen wir Rot.“Zwei Saftcontainer, die einst in Flugzeug-Gängen unterwegs waren, wurden zur Hausbar - ganz schön abgehoben. Dazu passt perfekt ein großformatiges Foto von Markus Kratz: eine Straßenszene in New York jenseits der Glitzerfassaden - eine Atmosphäre wie aus einem alten Gangsterfilm.
Von Kunst ist auch die Diele des Paares geprägt, mit einem Schnee-
mann aus Detroit und einem Hundeobjekt aus Holz. Ein beleuchteter Guckkasten war das Hochzeitsgeschenk eines Freundes und erzählt die Liebesgeschichte des Paares im Miniformat. Diese Diele hat es überhaupt in sich. Schon wegen derWände, die kühn in Anthrazit gestrichen wurden und trotzdem nicht düster wirken. Denn eine Lampeninstallation, die an Schnüren hängt und immer wieder veränderbar ist, taucht den Raum in warmes Licht. Etwa die Hälfte der Diele verschwindet hinter einem hellgrauen Vorhang, der die Kleiderschränke des Paares verbirgt. Die andere Hälfte dominiert ein Art-Deco-Schreibtisch aus Walnussholz. Der gehörte dem Großvater von Bettina Kratz, der war Kaufmann in Hamburg und wickelte an diesem Möbel seinen Getreidehandel ab.
Fehlt eigentlich nur eins an dieser Wohnung in Flingern-Süd: ein Platz unter freiem Himmel. „Stimmt“, meint das Paar. Und verweist dann auf ein breites Regal vor zwei Fenstern imWohnraum, mit dem sie eine Heizung überbaut haben. An Sommerabenden öffnen sie die Fenster und machen es sich auf Kissen bequem – ist eben alles eine Frage der Fantasie.