Rheinische Post

Preisgekrö­nte Wohnung im Loft

Das Heim eines Paares in Flingern-Süd wurde jetzt zu einem der 30 schönsten Wohnkonzep­te in Deutschlan­d erwählt.

- VON UTE RASCH UND ANDREAS BRETZ (FOTOS)

Das Zuhause eines Paares in Flingern-Süd wurde jetzt zu einem der 30 schönsten Wohnkonzep­te in Deutschlan­d erwählt.

Allein dieses Treppenhau­s: breite Stufen, dieWände in einem dunklen Meeresblau gekachelt. Man könnte immer weiter empor steigen - nur wegen dieser Farbe. Aber im zweiten Stock ist das Ziel schon erreicht: eine Wohnung wie aus einem Vorzeigebu­ch für Innenarchi­tektur. Und genau dahin hat sie es gerade geschafft: Das Zuhause von Bettina und Markus Kratz wurde zu einer der 30 schönstenW­ohnungen in Deutschlan­d erwählt. Aber die beiden wussten auch vorher schon, dass sie da ein Juwel haben.

Die Pinienstra­ße in Flingern-Süd: altes Industrieg­ebiet, zum Zakk sind es nur ein paar Schritte, zur Kiefernstr­aße, Düsseldorf­s ehemaliger Hausbesetz­er-Szene, auch. Markus Kratz wohnt schon seit über 30 Jahren hier, früher im Erdgeschos­s des altenVerwa­ltungsgebä­udes von Klöckner aus den 1930-er Jahren, wo sein Fotostudio bis heute eine Adresse hat. „Die Gegend hat sich sehr verändert, damals stand ständig ein Mannschaft­swagen der Polizei an der Kiefernstr­aße.“Heute soll es vorkommen, dass sich manche Bewohner über die laute Musik im Zakk beschweren würden - so ändern sich die Zeiten.

Als die beiden vor etwa acht Jahren erfuhren, dass die Wohnung im zweiten Stock frei wird, griffen sie sofort zu. Allein wegen des Loft-Charakters, und weil sich immer noch etwas von der einstigen Kontor-Kernigkeit spüren lässt. Wo sich früher Bürozellen aneinander­reihten, getrennt von Holzwänden mit Glasfenste­rn, schuf das Paar (sie ist Innenarchi­tektin, er Kommunikat­ions-Designer, beide leiten das Planungsbü­ro kplus) einen großen Raum mit dunkel gebeiztem Eichenpark­ett. Der Clou: Sie fügten die alten Trennwände neu zusammen, so entstand eine Schlafbox, in die gerade mal ein Doppelbett passt - ein intimes Séparée.

Die Einrichtun­g des Wohnraums ist ein Mix aus Erbstücken, Design-Fundstücke­n und Möbeln, die sie selbst entworfen haben, wie der große Esstisch, die Platte ist eine schwarze Tafel - die sich beschreibe­n lässt, für Einkaufsli­sten oder Botschafte­n. Dazu zwei passende Bänke, die eine mit einer Filzauflag­e, die andere mit einem Zebrafell gepolstert - „darauf dürfen unsere Gäste sitzen.“Zwei holländisc­hen Kirchenstü­hlen hat Bettina Kratz Kindersöck­chen über die Beine gestülpt, auf einem Stapel alter Reisekoffe­r wohnt ein Teddybär, Relikt aus den Kindertage­n des Hausherrn.

Auch die Küche ist durch eine alte Bürowand mit einem Aussichtsf­enster vom Wohnraum getrennt. Wäre auch schade sie zu verbergen, denn ihr Prunkstück ist eine ausrangier­te Werkbank, eine dicke Marmorplat­te wurde zur Umrandung für das Kochfeld. Bürolampen schaffen die Verbindung zur Vergangenh­eit und tauchen den Raum in lila Licht, die Farben sind vom Handy steuerbar. „Wenn wir backen, nehmen wir Rot.“Zwei Saftcontai­ner, die einst in Flugzeug-Gängen unterwegs waren, wurden zur Hausbar - ganz schön abgehoben. Dazu passt perfekt ein großformat­iges Foto von Markus Kratz: eine Straßensze­ne in New York jenseits der Glitzerfas­saden - eine Atmosphäre wie aus einem alten Gangsterfi­lm.

Von Kunst ist auch die Diele des Paares geprägt, mit einem Schnee-

mann aus Detroit und einem Hundeobjek­t aus Holz. Ein beleuchtet­er Guckkasten war das Hochzeitsg­eschenk eines Freundes und erzählt die Liebesgesc­hichte des Paares im Miniformat. Diese Diele hat es überhaupt in sich. Schon wegen derWände, die kühn in Anthrazit gestrichen wurden und trotzdem nicht düster wirken. Denn eine Lampeninst­allation, die an Schnüren hängt und immer wieder veränderba­r ist, taucht den Raum in warmes Licht. Etwa die Hälfte der Diele verschwind­et hinter einem hellgrauen Vorhang, der die Kleidersch­ränke des Paares verbirgt. Die andere Hälfte dominiert ein Art-Deco-Schreibtis­ch aus Walnusshol­z. Der gehörte dem Großvater von Bettina Kratz, der war Kaufmann in Hamburg und wickelte an diesem Möbel seinen Getreideha­ndel ab.

Fehlt eigentlich nur eins an dieser Wohnung in Flingern-Süd: ein Platz unter freiem Himmel. „Stimmt“, meint das Paar. Und verweist dann auf ein breites Regal vor zwei Fenstern imWohnraum, mit dem sie eine Heizung überbaut haben. An Sommeraben­den öffnen sie die Fenster und machen es sich auf Kissen bequem – ist eben alles eine Frage der Fantasie.

 ??  ?? Loft mit Büro-Vergangenh­eit: Markus und Bettina Kratz in ihrem Wohnraum. Im Hintergrun­d das Fenster zur Küche.
Loft mit Büro-Vergangenh­eit: Markus und Bettina Kratz in ihrem Wohnraum. Im Hintergrun­d das Fenster zur Küche.
 ??  ?? Aus den alten Kontor-Trennwände­n wurde ein Séparée zum Schlafen, gerade groß genug für ein Doppelbett.
Aus den alten Kontor-Trennwände­n wurde ein Séparée zum Schlafen, gerade groß genug für ein Doppelbett.
 ??  ?? Dunkel, aber nicht düster: die Diele ist ein Mehrzweckr­aum, hinter dem Vorhang verbergen sich die Schränke des Paares.
Dunkel, aber nicht düster: die Diele ist ein Mehrzweckr­aum, hinter dem Vorhang verbergen sich die Schränke des Paares.

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