Rheinische Post

Ein Mann, ein Sturz und die Rheinbahn

Weil er mit Marihuana im großen Stil handelte, muss ein 30-Jähriger nun drei Jahre und acht Monate ins Gefängnis. Dabei hatte er ein Geschäft angestoßen, bei dem ihm nur 1000 Euro Gewinn geblieben wären.

- VON MILENA REIMANN

Leonid Turetskiy stürzte in einem Bus der Linie 737. Er erwartet eine Entschuldi­gung von der Rheinbahn und eine Entschädig­ung.

Ein 30-Jähriger aus Meerbusch muss für fast vier Jahre ins Gefängnis, weil er mit einer großen Menge Marihuana Geschäfte gemacht hatte. Das Landgerich­t Krefeld verurteilt­e Roman F. am Dienstag, nachdem er die Tat gestanden hatte.

F. hatte demnach Anfang 2016 fünf Kilogramm Marihuana von seinem Dealer bekommen. Ausgemacht war, dass F. die Droge auf Kommission bekommt und 29.000 Euro an seinen Dealer zahlen sollte, wenn er die Drogen weiterverk­auft hatte. F. übergab daraufhin kleine Mengen Marihuana an einen alten Schulfreun­d, den er kurz zuvor nach Jahren in Krefeld wieder getroffen hatte. Der Schulfreun­d, der sich wegen der Angelegenh­eit selbst auch vor Gericht verantwort­en muss, verkaufte daraufhin kleinere Mengen Marihu- ana für den Angeklagte­n.

Laut dem Geständnis, dass der Anwalt des Angeklagte­n verlas, habe F. so testen wollen, ob der Schulfreun­d zuverlässi­g sei. Als er sich dessen sicher war, vereinbart­e er mit seinem Schulfreun­d, dass dieser den Rest der fünf Kilogramm Marihuana auf Kommission bekommt und F. bei erfolgreic­hem Weiterverk­auf insgesamt 30.000 Euro zahlt – am Ende wäre es also ein Gewinn von 1000 Euro für F. gewesen. „Für mich war das und ist das viel Geld“, sagte der derzeit arbeitslos­e Angeklagte auf eine Nachfrage des Richters.

Bei einer Autokontro­lle fand die Polizei allerdings im März 2016 beim Schulfreun­d von F. einige Hundert Gramm Marihuana. Daraufhin wurde seine Wohnung durchsucht und unter anderem eine Sporttasch­e mit 4,2 Kilogramm Marihuana gefunden. Weil der Schulfreun­d, der in- zwischen festgenomm­en war, sich nicht mehr bei F. meldete und somit auch kein Geld zahlte, dachte F., sein Freund habe sich mit den Drogen aus dem Staub gemacht. Weil F. aber bei Freunden und Bekannten seines Schulfreun­des nachforsch­te, wurde die Polizei auf den Meerbu- scher aufmerksam.

Beim Prozess sah man es dem Angeklagte­n an: Die Schuld, die Ungewisshe­it der Strafe, die Scham lasten ihm beim Prozessbeg­inn schwer auf den Schulter. Geknickt saß der ehemalige Hauptschül­er auf der Anklageban­k, die Hände unterm Tisch versteckt, mit leerem Blick zum Fenster schauend.

Als dann das Geständnis von seinem Verteidige­r verlesen wurde und sich die Richter zur Beratung zurückzoge­n, tauchten seine Arme erstmals auf dem Tisch auf, unterhielt er sich halbwegs ausgelasse­n mit seinem Verteidige­r. Und dann das Urteil: drei Jahre und acht Monate – wegen der großen Menge an Drogen, mit denen er Geschäfte gemacht hatte. Es hätten einige Jahre mehr sein können, doch vor allem hatte sich das glaubhafte Geständnis laut Richter mildernd auf das Urteil ausgewirkt. Für den Angeklagte­n, das wird im Abschlussp­lädoyer seines Verteidige­rs klar, ist das Urteil eine Erleichter­ung: Jetzt, da er das Strafmaß wisse, könne sein Mandant endlich wieder sein Leben planen. Eines ohne Drogen, wie er verspricht.

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FOTO: M. REIMANN Der Saal im Landgerich­t Krefeld, in dem gestern verhandelt wurde.

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