Rheinische Post

Nach der Abendvorst­ellung von „Werk ohne Autor“im Cinema traten Regisseur Florian Henckel von Donnersmar­ck und Schauspiel­er Sebastian Koch zu später Stunde vor das Publikum.

- VON REGINA GOLDLÜCKE

Kaum hatte Regisseur Florian Henckel von Donnersmar­ck nach der Vorstellun­g von „Werk ohne Autor“das Cinema betreten, kam er auch schon auf die Dreharbeit­en in Düsseldorf zu sprechen. Die Kunstakade­mie war ein herausrage­nder Schauplatz in seinem dreistündi­gen Film über die Lebensgesc­hichte des Malers Gerhard Richter. „Wir hielten uns wochenlang in der Stadt auf und haben hier besonders viel gearbeitet“, erzählte der Regisseur. „Es war ein sehr schönes Erlebnis, wie selbstvers­tändlich die Menschen in Düsseldorf mit der Kunst umgehen. Sogar in Restaurant­s trifft man auf Bilder, die sonst in Museen hängen.“

Das Malergenie war damals noch unentdeckt, rang verbissen um seinen künstleris­chen Weg. Mit Ehefrau Ellie lebte Richter alias Kurt Barnert kärglich in einer Mansarde und musste die Demütigung­en seines perfiden Schwiegerv­aters ertragen. Den Medizinpro­fessor, der sich kaltschnäu­zig durch drei politische Systeme schlängelt, spielt Sebastian Koch, auch er war im Cinema dabei.

Seit dem Kinofilm„Das Leben der anderen“, der im Jahr 2007 mit dem Oscar gekrönt wurde, ist er mit Florian Henckel von Donnersmar­ck befreundet. „Ohne Sebastian hätte es den Film nicht gegeben, ich verdanke ihm sehr viel“, bekräftigt­e der Regisseur. Dabei hatte er für ihn einen grausamen Charakter erdacht, getrieben von Macht und Herrschsuc­ht. „Das Buch war sehr gut geschriebe­n, mit Texten wie in Stein gemeißelt“, sagte der Schauspiel­er. „Ich musste das Böse erfinden und mich darin zu Hause fühlen. Wir hatten aber genügend Zeit, uns vorzuberei­ten, mehr als in unserer Branche sonst üblich. Darum ist der Film auch so fein und liebevoll gemacht.“Es war schwer für ihn, seinen Mitspieler­n so gemein zu begegnen. Weil er so tief eintaucht in seine Rollen, dass er mit ihnen verschmilz­t, bevorzugte er eine gewisse Distanz – auch abseits der Dreharbeit­en.„Wir gingen nicht einmal gemeinsam essen. Es war besser, diese merkwürdig­e Fremdheit der Figuren zu behalten.“

„Werk ohne Autor“ist teils fiktiv, teils biographis­ch angelegt. „Es kam eine Kette von Ereignisse­n zusammen, die nichts mit der Realität zu tun hatten“, gibt der Regisseur zu. Diese schwammige Durchmisch­ung brachte ihm Kritik ein. Es stimme aber nicht, stellt er klar, dass Gerhard Richter den Film abgelehnt hätte. Er kenne ihn bis heute nicht, habe lediglich den Trailer gesehen. „Den hielt er für reißerisch. Aber genau das ist ja nun auch die Aufgabe eines Trailers.“Der Künstler erbat eine DVD, was der Regisseur allerdings ablehnte. „Dafür glaube ich viel zu sehr ans Kino und die Kraft solcher Filme auf der Leinwand. Ich bin noch nicht bereit, das Feld kampflos den Spielzeug-Robotern zu überlassen.“

Die in der Kunstakade­mie gedrehten Szenen wirken amüsant bis satirisch. Da tauchen kaum verbrämte Künstler-Kopien auf, etwa der mun- tere Latzhosent­räger Günther Uecker. Joseph Beuys, bei dem Richter nie studiert hatte, wird eingeführt als „unser Professor, ein Genie, er trägt immer diesen Hut und arbeite nur mit Fett und Filz“. Ihn gibt mit rheinische­m Zungenschl­ag Oliver Masucci. Man sieht, wie er unter den entgeister­ten Blicken der Anwesenden gelbes Fett in eine Ecke klatscht und die Legende vom Flugzeugab­sturz auf der Krim und der Rettung durch Tataren ausbreitet. Für Florian Henckel von Donnersmar­ck war Beuys eine prägende Figur seiner Kindheit. Daran mag es liegen, dass diese Episode im Film etwas ausufernd geraten ist.

Bis nach Mitternach­t wurde im Cinema noch angeregt über „Werk ohne Autor“diskutiert. Unter den Besuchern waren auch das Schauspiel­er-Ehepaar Anna Schudt und Moritz Führmann, Familie Eickhoff, Sabine Crasemann und Karla Zerressen von der Langen Foundation sowie Hollywood-Export Ralf Möller, den der Regisseur als „meinen Freund“begrüßte.

 ?? RP-FOTO: ANNE ORTHEN ?? Regisseur Florian Henckel von Donnersmar­ck (links) und Schauspiel­er Sebastian Koch diskutiert­en mit dem Publikum.
RP-FOTO: ANNE ORTHEN Regisseur Florian Henckel von Donnersmar­ck (links) und Schauspiel­er Sebastian Koch diskutiert­en mit dem Publikum.

Newspapers in German

Newspapers from Germany