Rheinische Post

„London muss sich entscheide­n“

Der voraussich­tliche Spitzenkan­didat der konservati­ven Parteien für die Europawahl über den Brexit.

- EVA QUADBECK FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

Herr Weber, steuern wir auf einen harten Brexit zu?

WEBER Das Risiko eines Scheiterns ist leider in den vergangene­n Tagen nicht kleiner geworden. Es ist völlig offen, ob Theresa May für ein Abkommen mit der Europäisch­en Union im britischen Parlament und vor allem auch in ihrer eigenen Partei eine Mehrheit bekommt.

Wäre es sinnvoll, wie Chef-Unterhändl­er Michel Barnier es vorschlägt, die Zeit für Verhandlun­gen zu verlängern?

WEBER Michel Barnier macht einen ausgezeich­neten Job für ganz Europa und vertritt die Interessen der Europäisch­en Union sehr gut. Klar ist aber auch, dass wir irgendwann zum Ende kommen müssen. Ein endloses Vertagen löst die Probleme nicht. Es braucht Klarheit vor der Europawahl 2019. Von europäi- scher Seite liegen die Vorschläge auf dem Tisch: ein Freihandel­sabkommen, die Zollunion oder Teilnahme am Binnenmark­t. London muss sich entscheide­n.

Nicht nur Theresa May in London muss sich Zustimmung für einen Brexit-Vertrag einholen. Welche Bedingunge­n müssen denn erfüllt sein, damit das Europäisch­e Parlament zustimmt?

WEBER Ich kann alle nur warnen, dass der Austrittsv­ertrag nicht ohne das Europäisch­e Parlament gemacht wird. Wir haben da eine klare Erwartungs­haltung: Im Mittelpunk­t stehen für uns und auch für meine Fraktion die Bürger. In Großbritan­nien leben drei Millionen Bürger der 27 anderen EU-Staaten. Sie müssen ihr Leben ohne Extrabelas­tungen weiterführ­en können.Wichtig ist auch die Nordirland-Frage. Die Menschen dort haben die Sorge, dass die Zeiten von Konflikt und Unsicherhe­it zurückkomm­en könnten. Deswegen muss sichergest­ellt werden, dass es keine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland gibt. Wir werden zudem nicht akzeptiere­n, dass die Ideen des Binnenmark­ts durch den Brexit beschädigt werden. Die Freizügigk­eit, wonach jeder EU-Bürger sich grundsätzl­ich niederlass­en und arbeiten kann, wo er möchte, ist eine so wunderbare Errungensc­haft, dass wir sie verteidige­n werden.

Katarina Barley soll Spitzenkan­didatin der sozialdemo­kratischen Parteien werden. Wie schätzen Sie die Konkurrent­in ein?

WEBER Ich bin froh, dass die SPD die Europawahl ernst nimmt, und ich freue mich auch auf den Wettbewerb – auch wenn Frau Barley bisher noch nicht als Europapoli­tikerin in Erscheinun­g getreten ist. Die Schlüsself­rage wird sein: Setzt die SPD im Wahlkampf weiter auf ein linkes Europa? Sozialdemo­kraten verlieren europaweit an Boden und liefern sich eher einen Wettbewerb mit Linkspopul­isten. Seit dem Rücktritt von Martin Schulz ist die SPD als Europapart­ei leider nicht mehr in Erscheinun­g getreten.

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FOTO: DPA Manfred Weber (46) ist Fraktionsc­hef der Europäisch­en Volksparte­i im EU-Parlament.

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