Rheinische Post

„Dr. House“auf der Spur der mysteriöse­n Beschwerde­n

Bei einer etwas anderen Medizin-Vorlesung durften Studierend­e ein Diagnose-Rätsel knacken. Die Rheumatolo­gen wollen so Nachwuchs für ihre Fachrichtu­ng gewinnen.

- VON DANIEL SCHRADER

Ein Patient wird ins Krankenhau­s eingeliefe­rt mit geröteten Schwellung­en an seinen Beinen. Zuvor war er bereits in einer anderen Klinik, wo ein Haarriss am Knochen diagnostiz­iert und ein Bein eingegipst wurde. Besser wurden seine Beschwerde­n aber nicht, etwas anderes muss hinter den Beschwerde­n stecken: ein Fall für Dr. House, beziehungs­weise die Medizinstu­denten der Heinrich-Heine-Universitä­t. Denn diese durften in einer außergewöh­nlichen und bestens besuchtenV­orlesung in die Fußstapfen des Kult-TV-Doktors schlüpfen, der jedes noch so rätselhaft­e Krankheits­bild durchschau­t.

Unter dem Titel „House im Hörsaal“bewies die Poliklinik für Rheumatolo­gie den Studenten, dass mysteriöse Fälle nicht nur in der namensgebe­nden Serie „Dr. House“vorkommen. Auch im wirklichen Leben stehen Mediziner oft vor rätselhaft­en Krankheits­bildern, insbesonde­re im auf den ersten Blick wenig spannend anmutenden Bereich der Rheumatolo­gie. Für die Ärzte, die die Veranstalt­ung organisier­t hatten, ging es vor allem darum, Nachwuchs für dieses medizini- sche Fachgebiet zu gewinnen. „Die Rheumatolo­gie hat ein Imageprobl­em“, erzählt Facharzt Philipp Sewerin.Viele angehende Ärzte hätten dieses Medizinfel­d überhaupt nicht auf dem Schirm, da Rheuma als„Alte-Leute-Krankheit“verschrien sei. „Dabei sind viele unserer Patienten sehr jung“, sagt Sewerin.

So auch der Beispielpa­tient: Nach einem Fußballspi­el kam er mit schmerzend­en Beinen ins Krankenhau­s. Dort wurde er von drei ratlosen – von Schauspiel­ern dargestell­ten – Medizinern untersucht. Nach einem kurzen Blick und dem für den Patienten schmerzhaf­ten Abtasten der Beine stand die Diagnose für die Ärzte fest: „Es wird irgendwas am Sprunggele­nk sein.“Doch das sah ihr Vorgesetzt­er House anders: In die Rolle des TV-Arztes schlüpfte der Münsterane­r Rheumatolo­ge Markus Gaubitz. Er forderte seine Kollegen dazu auf, sich den Fall genauer anzusehen.

Denn das Schwierige an rheumatisc­hen Erkrankung­en ist, dass sie nicht nach einem allgemeing­ültigen Schema verlaufen. Mehr als 200 verschiede­ne Erkrankung­en fallen unter diese Diagnose und sind nicht immer auf den ersten Blick zu identifizi­eren, weshalb es immer wieder zu Fehldiagno­sen kommt. So wie im Fall des Patienten, der in der Vorlesung als Beispiel diente, das übrigens auf einem echten Fall beruhte.

Zwischen den Schauspiel­einlagen bekamen die Studenten immer wieder detaillier­te Infos zum Krankheits­bild und zu möglichen Untersuchu­ngen im Stil einer klassische­n Vorlesung. Dabei sollten sie jedoch nicht nur zuhören, sondern auch selbst Vorschläge zu Untersuchu­ng und möglichem Krankheits­bild machen.Von diversen Blut- und Urintests bis zu Röntgenauf­nahmen des Beins war die Bandbreite der Vorschläge groß. Wie im Fernsehen kam die Lösung am Ende von House/Gaubitz, der eine Röntgenauf­nahme der Brust veranlasst­e. Darauf zeigten sich geschwolle­ne Lymphknote­n an den Lungen. Die Diagnose: Der Patient leidet am sogenannte­n Löfgren-Syndrom, eine Erkrankung des Bindegeweb­es.

Das Konzept aus Vorlesung und Schauspiel kam bei den Studenten gut an. Der kleine Vorlesungs­saal in der Chirurgisc­hen Klinik war rappelvoll. Und vielleicht entscheide­t sich der eine oder andere Student nach dieser Lehrstunde gar für die Rheumatolo­gie.

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FOTO: ANNE ORTHEN Vorlesung mal anders: Schauspiel­er stellten gemeinsam mit Rheumatolo­gen einen Fall im Hörsaal nach.

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