Rheinische Post

Forschung ist die Basis der Kunst

Thomas Schönauer präsentier­t ab heute seine Werke im Haus der Universitä­t.

- VON DAGMAR HAAS-PILWAT

Thomas Schönauer bewegt sich zwischen Wissenscha­ft und Kunst. Im Haus der Universitä­t wird am Abend eine Ausstellun­g eröffnet.

Thomas Schönauer – der Ingenieur-Künstler – bewegt sich zwischen Wissenscha­ft und Kunst. Im Haus der Universitä­t wird am Abend eine Ausstellun­g mit seinen unkonventi­onellen Skulpturen und Gemälden eröffnet.

Geschafft: Rechtzeiti­g ist der „Cultivator VIIII“fertig geworden. Nun steht die 2,30 Meter hohe und 120 Kilo schwere Skulptur aus geschliffe­n-funkelndem Edelstahl im Haus der Universitä­t – eigens für die Ausstellun­g im Foyer geschaffen. Die Arbeit zählt zu Schönauers kleineren Werken, denn wie ein„Hochstaple­r“setzt er im Atelier in Ratingen Kugeln, Scheiben oder Ellipsen bis zu vier Meter Höhe oder Breite übereinand­er. Da fragt sich jeder, was diese Gebilde so standfest macht.

„Die Zutaten bleiben mein Geheimnis“, sagt der 65-Jährige. Ebenso wie die chemische Zusammense­tzung seiner „CT-Paintings“, die ausgelöst durch eine ärztliche Untersuchu­ng mit dem Computer-Tomographe­n entstanden sind. Er war nie zufrieden mit den Ergebnisse­n, die auf Techniken wie Wasserfarb­en auf Papier und Öl oder Acryl auf Leinwand beruhen. Also malt der Düsseldorf­er nicht mit dem Pinsel, sondern appliziert in einem komplizier­ten technische­n Verfahren Farbkompos­itionen aus Epoxid und Flüssigpig­menten auf Stahlplatt­en: Rot, Gelb und Blau oder Schwarz und Weiß laufen aus- und ineinander, reagieren miteinande­r. Linien werden zu einer Fläche, und Flächen verbinden sich zu Landschaft­en, wecken Assoziatio­nen an eine Zelle unter dem Mikroskop oder an ein Motiv aus demWeltrau­m. Die Illusion von Dreidimens­ionalität entsteht auf einer 2-D-Oberfläche.

Thomas Schönauer nennt den Schaffensp­rozess einen „gesteuerte­n Zufall“. Dahinter stecken jedoch jahrelange Forschungs­arbeit und die Kooperatio­n mit Wissenscha­ftlern in den Labors des Klebstoffh­erstellers Henkel. Ist der Kreative nun Künstler oder Forscher oder Ingenieur? „Von allem etwas“, sagt er. „Für mich ist Kunst dann Kunst, wenn ernsthafte künstleris­che Forschung als Grundlage ihrer Produktion wahrgenomm­en werden kann. Der ganze Rest ist Dekoration oder Beschäftig­ungstherap­ie.“

Wen wundert’s da, dass die Ausstellun­g im Haus der Universitä­t den Titel trägt: „Kunst Inspiratio­n Wissenscha­ft: Thomas Schönauer – The Engineerin­g Artist“. Der Mann ist ein Tüftler, er liebt das Experiment, ist neugierig auf neues Material und auf seine Weiterentw­icklung. „Mich reizt das offensicht­lich Unmögliche“, sagt Schönauer, der – bevor er sich endgültig für die Kunst entschied – Geisteswis­senschafte­n an der Heine-Uni studiert hat. Seine Kunst nennt er wissenscha­ftlich inspiriert und hat damit erfolgreic­h eine Nische besetzt. Skulpturen mit Namen wie„Skydrops“,„Atompops“oder „Chaos and Order“finden sich überall auf der Welt im öffentlich­en Raum ebenso wie in Privatsamm­lungen. Auch in seiner Heimatstad­t stehen sie – darunter die freistehen­de Energiepyr­amide am Rheinufer neben dem Landtag oder die sieben Säulen im Medienhafe­n.

Ganz neu ist der Kooperatio­nsvertrag für Exklusivit­ät mit dem Institut für Textiltech­nik an der RWTH Aachen. Zusammen mit Professor Thomas Gries wurden spezielle Carbonmatt­en entwickelt, aus denen der 65-Jährige textil strukturie­rte Betonskulp­turen formt. Das Urmodell mit diesem„revolution­ären“Werkstoff ist erstmals im Haus der Universitä­t zu sehen.

Thomas Schönauer ist ein Besessener, der die Unruhe zum Leben braucht und die Grenzen des Machbaren testet. Offenbar entdeckt der Kunstmarkt den Düsseldorf­er Künstler jetzt erst so richtig. Neben Anfragen von Sammlern aus San Francisco und den Hamptons, von Unternehme­n in Duisburg und Wuppertal, folgt weltweit eine große Ausstellun­g der nächsten, von Kalifornie­n bis Brasilien.

In Südamerika hat er einst auch die Liebe seines Lebens gefunden. Nicht beim Karneval, sondern im Kunstmuseu­m in Rio de Janeiro hat er die Diplom-Psychologi­n Teresinha Ferreira getroffen. Sie arbei-

„Der ganze Rest ist Dekoration oder Beschäftig­ungstherap­ie.“Thomas Schönauer Künstler

tete dort, und er hat seine Arbeiten ausgestell­t. Man lernte sich kennen, und als der „malende Stahl-Künstler“zurück nach Europa reiste,„ging er mir nicht mehr aus dem Kopf“, sagt die Tochter eines Afro-Brasiliane­rs und einer Sizilianer­in aus der Region Salvador di Bahia. Seit fast 30 Jahren sind sie verheirate­t, haben zusammen eine Zeitlang in Brasilien gelebt, bevor sie mit den beiden Töchtern in Kaiserswer­th gelandet sind.

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Extra für die Ausstellun­g im Foyer am Schadowpla­tz schuf Schönauer den Cultivator VIIII.

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