Rheinische Post

Brisante Zeitreise für Markus Anfang

Der Trainer des 1. FC Köln kehrt als Tabellenfü­hrer nach Kiel zurück – und trotzdem ist nicht alles gut. Das Spiel bei seinem Ex-Klub wird zur Nagelprobe für das System des früheren Spielers von Fortuna Düsseldorf.

- VON THOMAS WEITEKAMP

(sid) Die Geschichte von der emotionale­n Rückkehr liegt nahe, doch Markus Anfang hat darauf keine Lust. Ja, sagt der Trainer, die erfolgreic­he Zeit bei Holstein Kiel sei „toll“gewesen: „Aber jetzt sind wir mit dem 1. FC Köln da. Und wir wollen drei Punkte holen.“So knapp und so nüchtern wie möglich spricht der 44-Jährige über das Wiedersehe­n mit seinem Ex-Klub am Samstag (13.00 Uhr/Sky), damit wirklich jeder die Botschaft versteht: Anfang, der Kölner, denkt jetzt nur noch für seinen FC.

Das mag bemüht gefühlskal­t wirken angesichts von zwei rauschhaft­en Jahren in Kiel, in denen beinahe der Durchmarsc­h in die erste Bundesliga gelang. Doch Anfang hat durchaus Gründe, sich derzeit demonstrat­iv mit seinem neuen Team zu beschäftig­en. Denn trotz der Zweitliga-Tabellenfü­hrung vor dem 10. Spieltag ist nicht alles gut beim FC. „Manchmal habe ich das Gefühl, dass wir Zehnter sind“, sagt Sportchef Armin Veh zur aktuellen Stimmungsl­age. Das liegt zu einem guten Teil an der höchst peinlichen 1:2-Heimnieder­lage gegen einen bis dahin sieglosen MSV Duisburg, mit der sich die Kölner vor knapp zwei Wochen in die Länderspie­lpause verabschie­det hatten.

Das liegt allerdings auch daran, dass sich in diesem Spiel all die Probleme offenbarte­n, die bei Anfangs Mannschaft schon in den eigentlich erfolgreic­hen Wochen zuvor durchschim­merten. Ein ansonsten ziemlich mittellose­r MSV gewann in Köln, indem er Lauf- und Passwege des ungewöhnli­chen Anfang-Systems aggressiv und erfolgreic­h zustellte – und dem FC fielen kaum alternativ­e Lösungen ein.

Auch an Anfang nagte diese Niederlage, dennoch zeigt sich der Coach einigermaß­en genervt von der „brutal hohen Erwartungs­haltung“an sein Team. „Wir sind kein Erstligist, der in die zweite Liga implantier­t wurde und hier alles aus dem Stadion schießt“, stellt er fest: „Diesen Anspruch müssen wir mal zur Seite schieben.“Ein offensicht­liches Problem seines Teams, das bisher jedes Auswärtssp­iel gewann, ist allerdings die fehlende Stabilität. Die mit Abstand beste Offensivma­nnschaft der Liga (22 Tore) ist zu selten in der Lage, sich erfolgreic­h zu verteidige­n. Der Sieg in Bielefeld (3:1) gehörte zu den ganz wenigen wirklich souveränen Auftritten des Topfavorit­en – es folgte direkt der heftige Rückschlag gegen Duisburg.

Nun muss Köln auch noch die langfristi­gen Ausfälle von Lasse Sobiech, Christian Clemens und Vincent Koziello verkraften, zudem ist Marcel Risse noch nicht fit. Unter diesen Vorzeichen geht es also in das richtungwe­isende Spiel gegen eine Mannschaft, die den Fußball des Kölner Trainers zwei Jahre lang höchst erfolgreic­h praktizier­t hat. Und die damit noch deutlich besser als der MSV wissen sollte, wie man Anfangs System zum Erliegen bringt. Seine Mannschaft müsse darauf Antworten finden, sagt Anfang, „es geht einzig und allein darum, wie wir das Spiel machen. Es geht nicht um den Gegner.“Auch wenn der insgeheim vielleicht doch nette Erinnerung­en weckt.

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FOTO: IMAGO Kölns Chef-Coach Markus Anfang mit seinem Co-Trainer Florian Junge.

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