Italien weicht „keinen halben Zentimeter“
Die Regierung in Rom will im Haushaltsstreit mit der Europäischen Union nicht nachgeben. Die EU-Kommission berät heute über das weitere Vorgehen. An der Mailänder Börse brechen die Aktienkurse ein.
BRÜSSEL/ROM Die italienische Regierung bleibt im Haushaltsstreit mit der EU-Kommission stur. In der Antwort des italienischen Finanzministers Giovanni Tria auf den blauen Brief aus Brüssel heißt es, es handele sich um eine „schwierige, aber notwendige Entscheidung“. In dem Schreiben rechtfertigt die italienische Regierung ihre Entscheidung, im kommenden Staatshaushalt die Neuverschuldung auf einen Wert von 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes zu erhöhen. Die Vorgängerregierung hatte gegenüber Brüssel noch zugesichert, dass im 2019er Etat die Neuverschuldung den Wert von 0,8 Prozent nicht überschreiten werde. Der vierseitige Brief endet mit dem Satz: „Italien gehört zu Europa, sein Platz ist im Euro.“
Die EU-Kommission hatte in ihrem blauen Brief die Haushalts- planung der italienischen Regierung mit scharfen Worten gerügt. Die Ausweitung der Neuverschuldung stelle eine Abweichung von den Regeln dar, wie es sie in der Geschichte des Stabilitäts- und Wachstumspaktes noch nie gegeben habe. In dem Schreiben spricht die Kommission zudem die massive Staatsverschuldung Italiens an, die mit über 130 Prozent im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung EU-weit nur noch von Griechenland übertroffen wird. In den EU-Verträgen ist ein Zielwert von 60 Prozent vorgesehen.
Der italienische Regierungschef Guiseppe Conte machte gegenüber Journalisten in Rom deutlich, dass die von Links- und Rechtspopulisten gestellte Regierung es auf eine Kraftprobe mit der EU ankommen lässt. Conte sagte, dass es bei dem Defizit von 2,4 Prozent für 2019 bleiben werde. Matteo Salvini, Innenminister undWortführer, sagte, Rom werde „keinen halben Zentimeter“vor der Kritik aus Brüssel weichen.
Die EU-Kommission äußerte sich am Montag nicht offiziell zu dem Antwortschreiben aus Rom. Sie veröffentlichte nur den Brief der italienischen Regierung auf ihrer Internetseite. Ein Sprecher teilte mit, dass die Kommission unter der Leitung von Jean-Claude Juncker bei ihrer Sitzung am heutigen Dienstag über das weitere Vorgehen beraten werde. Es wird damit gerechnet, dass die Kommission die förmliche Zurückweisung der italienischen Haushaltspläne für 2019 beschließen und von Rom einen korrigierten Haushaltsplan einfordern wird. Italien hat seinerseits dann drei Wochen Zeit für eine Antwort. Als weitere Schritte im Haushaltsstreit sehen die Regeln die Eröffnung eines förmlichen Verfahrens wegen Verstoßes gegen den Stabilitäts- und Wachstumspakt vor. An dessen Ende könnte Italien vom Zugriff auf EU-Mitteln ausgeschlossen werden.
An der Mailänder Börse brachen die Kurse am Nachmittag ein. Zuvor hatte die Ratingagentur Moody’s die Kreditwürdigkeit des Landes herabgestuft. Die Reaktion der Märkte hätte noch drastischer ausfallen können. Moody’s hatte die Kreditwürdigkeit nicht auf Ramschstatus gesetzt, wie von vielen Beobachtern befürchtet worden war. Moody’s gab zudem für Italien einen „stabilen“Ausblick.
Somit beruhigten sich die europäischen Finanzmärkte wieder ein bisschen. Der Budgetstreit zwichen Italien und der Europäischen Union hatte die Renditen der Staatsanleihen deutlich steigen lassen. Für zehnjährige Staatsanleihen erhalten Investoren jetzt knapp 3,5 Prozent., das ist etwas weniger als am vergangenen Freitag, als die Rendite in der Spitze gut 3,7 Prozent erreicht hatte. Der sogenannte Spread, der Renditeabstand zu den als sicher geltenden deutschen Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit hat sich damit etwas verringert auf 300 Basispunkte.