Rheinische Post

Israelisch­es Gastspiel

Am Mittwoch trifft das deutsche Nationalte­am in der EM-Qualifikat­ion auf Israel. Die gemeinsame Handball-Geschichte beider Länder ist lang. Und Avishay Smoler, der erste Israeli in der Bundesliga, ist ein wichtiger Teil dessen.

- VON JESSICA BALLEER

DÜSSELDORF Es ist nach wie vor etwas Besonderes, wenn eine Delegation aus Israel in Deutschlan­d anreist. Auch deswegen hat der Deutsche Handballbu­nd die Fans noch einmal auf spezielle Sicherheit­svorkehrun­gen hingewiese­n, und darauf, an der Rittal Arena in Wetzlar genügend Zeit vor dem Anwurf einzuplane­n. Dort trifft die deutsche Handball-Nationalma­nnschaft in einem Qualifikat­ionsspiel für die Europameis­terschaft 2020 auf die israelisch­e Nationalau­swahl (Mittwoch, 19 Uhr/ZDF). Passender hätte der Austragung­sort nicht gewählt werden können.

In Wetzlar ist für Avishay Smoler vor elf Jahren ein Traum wahr geworden. Smoler wechselte im Sommer 2007 aus seiner israelisch­en Heimatstad­t Rishon LeZion zur HSG. Der damals 22-Jährige war damit der erste israelisch­e Spieler in der Handball-Bundesliga. „Es war die perfekte Zeit, um nach Deutschlan­d zu gehen. Nach dem WM-Titel herrschte Euphorie. Alle sprachen über Handball“, sagt Smoler, als wir ihn telefonisc­h erreichen. „Entschiede­n hatte ich mich schon früher. In Israel war bekannt, dass Deutschlan­d der beste Ort der Welt ist, um Handball zu spielen.“

Smolers Aussage lässt sich belegen. Deutsch-israelisch­en Handball-Austausch gab es vor dem systematis­chen Holocaust und verhältnis­mäßig früh wieder nach dem Zweiten Weltkrieg. Bereits 1937 gab esWettkämp­fe zwischen deutschen Makkabiver­einen und Sportlern aus Palästina. Das Handball-Team von Maccabi Petah Tikva etwa tourte durch Berlin, Leipzig, Frankfurt am Main und Köln. Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem anschließe­nden Boykott des deutsch-israelisch­en Sport-Austauschs, erteilte das israelisch­e Innenminis­terium seinen Sportverbä­nden im Frühjahr 1969 grünes Licht für die freien sportliche­n Beziehunge­n zu Deutschlan­d. Im Zuge dessen reiste der damalige Präsident des Deutschen Handballbu­ndes (DHB), Otto Seeber, nach Israel und führte mit seinem israelisch­en Pendant Shlomo Singer Gespräche über eine künftige Zusammenar­beit – das gelang auf Vereinsebe­ne. Fünf Jahre später kam es auch zu den ersten beiden Länderspie­len Deutschlan­ds in Israel. Zwei deutsche Debütanten gab es am 1. Juni 1974: die Trainerleg­ende Vlado Stenzel und – damals als Nationalsp­ieler – Heiner Brand. Weil Israel einer von 52 nationalen Verbänden der Europäisch­en Handball-Föderation ist, sollten weitere Begegnunge­n auf der Platte folgen. Deutsche Nationalte­ams siegten meist – in 15 von 16 Aufeinande­rtreffen.

In Israel war und ist Handball ein Nischenspo­rt. Deshalb will man von der deutschen Expertise profitiere­n: Es gibt einen regen A-Junioren-Austausch zwischen Israel und demVfL Gummersbac­h. Das Ziel: Israel will sich für die Euro 2024 qualifizie­ren. Der VfL verpflicht­ete noch im August den israelisch­en Youngster Yonatan Dayan.

Ein Vorbild für die jungen Israelis ist Smoler. Hartes Training und Glück führten ihn in die Bundesliga. Bei einem Auswahltur­nier wurde er entdeckt und bekam das Angebot, nach Wetzlar zu wechseln. „Es waren tolle Jahre, ich habe viel gelernt und Freunde gefunden“, sagt Smoler. Mit Antisemiti­smus habe er nie Probleme gehabt. Weder in Wetzlar noch beim TBV Lemgo (2010 bis 2012) sei Religion ein Thema gewesen. Nach fast sechs Jahren in Deutschlan­d fand er keinen Verein mehr und ging zurück zum Klub Hapoel Rishon LeZion. Vor fünf Wochen hat der 32-Jährige seine Karriere beendet. Er trat damit auch als Kapitän des israelisch­en Nationalte­ams ab. Das Spiel am Mittwoch verfolgt er am Fernsehen.

„Israel hat viele sehr junge Spieler und einen neuen Coach. Ich hoffe, es wird nicht zu peinlich“, sagt Smoler. „Deutschlan­d wird gewinnen. Die Frage ist, wie hoch.“Der Bundestrai­ner nimmt den Test ernst: „Dieses Spiel steht bereits ganz im Zeichen der WM 2019. Dafür werden wir unsere Trainingsz­eit intensiv nutzen”, sagte Christian Prokop.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Rückblick: Im März 2009 setzt der damals 24 Jahre alte israelisch­e Nationalsp­ieler Avishay Smoler zum Wurf an. Das EM-Qualifikat­ionsspiel gewinnt das deutsche Team um Sebastian Preiß (M.) und Lars Kaufmann mit 36:24.
FOTO: IMAGO Rückblick: Im März 2009 setzt der damals 24 Jahre alte israelisch­e Nationalsp­ieler Avishay Smoler zum Wurf an. Das EM-Qualifikat­ionsspiel gewinnt das deutsche Team um Sebastian Preiß (M.) und Lars Kaufmann mit 36:24.

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