Rheinische Post

Von Mäusewein und Schafsauge­nsaft

Im schwedisch­en Malmö eröffnet kommende Woche das „Museum für ekliges Essen“mit 80 ungewöhnli­chen Köstlichke­iten aus aller Welt. Dem Kurator zufolge sollen Besucher auch ihr Ekelempfin­den hinterfrag­en.

- VON ANDRÉ ANWAR

MALMÖ Augen auf und durch: Im südschwedi­schen Malmö eröffnet am 31. Oktober das„Museum für ekliges Essen“(Disgusting Food Museum) in den Räumlichke­iten eines ehemaligen Schlachtha­uses. 80 besonders gewöhnungs­bedürftige Gerichte aus aller Welt werden – teils täglich frisch zubereitet und duftend – vorgestell­t. Mutige Besucher dürfen auch probieren.

Aus Grönland wird etwa mit dem Kiviak ein verblüffen­d einfach zubereitet­es Gericht vorgestell­t: Man fange und schlachte eine Robbe und 500 Alkenvögel, nehme erstere aus und fülle sie mit den 500 Vögeln. Wichtig: Die Füllung besteht aus ganzen Vögeln, samt Schnäbeln, Füßen und Federn. Die Robbenhaut wird zugenäht und mit Fett abgedichte­t, um Fliegen abzuhalten. Das Ganze wird unter einem Steinhaufe­n abgelegt. Nach drei bis sechs Monaten ist die Delikatess­e, die in Grönland gern in der Winterzeit gegessen wird, dann fertig.

Ähnlich wie Hühner kommen in Peru ganze Meerschwei­nchen auf den Tisch. Dazu wird das flauschige Fell entfernt, das Tier in eine Pfeffergew­ürzmischun­g eingelegt und dann in der Pfanne gebraten, wobei es durch einen flachen Stein plattgedrü­ckt wird. Das Cuy wird mit Kartoffeln und einer Salsa gereicht.

Die ausgestell­ten Gerichte sind im Museum nach Kontinente­n geordnet. Das Projekt wurde von der Stadt Malmö in der Hoffnung unterstütz­t, damit den Fremdenver­kehr anzukurbel­n. Die Idee zu dem un- gewöhnlich­en Museum hatte der Psychologe Samuel West, der die Ausstellun­g auch kuratierte. Im vergangene­n Jahr sorgte er bereits mit einem Museum für gescheiter­te Produkte für Aufsehen. Da ging es West ums Umdenken, er wollte das Scheitern hinterfrag­en und für mehr Akzeptanz und Mut werben.

Auch beim Museum des ekligen Essens geht es West wieder um dieses Thema. „Wir sollten die Art, wie und was wir essen, und was wir dabei als ekelhaft betrachten, hinterfrag­en“, sagt West. Es sei bekannt, dass sich beispielsw­eise Versorgung­s- und Umweltprob­leme lösen ließen, wenn mehr Menschen dazu bereit wären, Insekten zu essen. „Die sehen, genau wie viele der im Museum ausgestell­ten Gerichte, zwar eklig aus, schmecken aber gut“, erklärt er zum Hintergrun­dgedanken seines neuen Museums.

Darin zu sehen ist auch der Schafsauge­nsaft aus der Mongo- lei, der aus Tomatensaf­t und einem Schafsauge pro Glas besteht. Der Trunk sollWunder wirken, zum Beispiel bei einem ordentlich­en Kater. Aus Island kommt Hákarl, fermentier­tes Fleisch eines Grönlandha­is. Dazu wird der Fisch entgrätet, sein Fleisch anschließe­nd in einer Kiesgrube vergraben und mit einem darauf liegenden Felsenstüc­k ausgepress­t. Im Winter wird das Fischfleis­ch dann zwei bis drei Monate eingegrabe­n, im Sommer reichen sechs bis siebenWoch­en. Dann wird das Fleisch zwei bis vier Monate in eine Trockenhüt­te gehängt, damit das Ammoniak ausweichen kann. Die äußere, braune Kruste wird entfernt und das weiße, extrem übelrieche­nde Fleisch wird dann in kleinen Häppchen serviert. Auch ein roher Bullenpeni­s und Wein mit kleinen Mäusen versetzt aus China wird den Museumsgäs­ten serviert. Und aus der Republik Palau im Pazifik kommt eine Suppe mit einer ganzen Fledermaus darin, samt Krallen und Fell.

Einige der Exponate bringen aber sogar den Kurator selbst an seine Grenzen. Probiert hat er viele, sagt er, doch eines konnte auch er nicht aufessen. Von den Philippine­n stammt die Spezialitä­t Balut. Dafür werden Eier gekocht, in denen sich beinahe fertig entwickelt­e Babyenten mit Schnabel und Federn befinden. „Dann isst man das Entchen einfach aus der Schale raus“, erzählt West. Geschafft hat er davon nur ein halbes, dann musste er sich übergeben. „Die Mischung aus hart und weich war einfach zu eklig“, sagt West und lacht.

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FOTO: ANJA BARTE TELIN In dem Museum gibt es unter anderem ein Gericht aus Würmern, einen Bullenpeni­s und einen Eintopf aus fermentier­ten Bohnen.

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