Sympathie für Schwache
Der Liedermacher und Autor gastiert jetzt im Zakk. Seine Musik, sagt er, speise sich aus vielen Einflüssen. Er liebe auch die Knef.
Früher hat er seine Alben live bei Konzerten aufgenommen mit Schrammelgitarre und rauer Stimme. Das neue, mittlerweile 18. Album des Songwriter-Punks Funny van Dannen „Alles gut Motherfucker“ist allerdings im Studio entstanden und klingt nach Country und Folk.Warum es nicht mehr ganz so brüllend komisch ausgefallen ist wie Vorgänger-Werke erzählte er im Interview.
Gerade ist ein neues Album von Ihnen erschienen mit 23 Songs, im Frühjahr bereits das Buch „Die weitreichenden Folgen des Fleischkonsums“. Wie kanalisieren Sie ihre Kreativität? van Dannen Das hängt vielleicht von der Musikalität der ersten Sätze ab. Wenn ich denke, das geht eher in Richtung Song, dann wird eben ein Song draus. Das entscheidet sich intuitiv.
Ihr Album beginnt mit den Zeilen „Lass uns in den Park gehen / und den Hang hinunterrollen / oder hast du eine bessere Idee / wie wir dem Wahnsinn unserer Zeit begegnen sollen“. Was macht den Wahnsinn unserer Zeit aus? van Dannen Der Umgang der Menschen miteinander lässt zu wünschen übrig. Es sollte freundlicher und friedlicher zugehen. Das ist allerdings wahrscheinlich zu allen Zeiten nicht wesentlich besser gewesen. Aber was unsere Zeit natürlich schon ausmacht, ist die Umweltkatastrophe. Es gelingt uns Menschen nicht, das Leben so zu organisieren, dass wir unsere Lebensgrundlage nicht zerstören. Das ist kein Zeichen von Intelligenz. Da wissen die Tiere sich besser in ihre Umwelt einzubetten. Das schlimme ist: Das ist schon ewig ein Thema und was da jetzt im Hambacher Forst stattfindet gehört zu den traurigen Endkämpfen, die dann auch noch Leben kosten.
Ihre neuen Lieder sind nicht mehr so vordergründig komisch, man hört auch eine Melancholie und Traurigkeit. Geht in wahnsinnigen Zeiten selbst Funny van Dannen der Humor verloren? van Dannen Wenn man über Jahrzehnte wenig positive Entwicklung beobachten kann, stimmt das schon traurig. Es gibt so viele Baustellen, die angepackt werden müssten. Und dann sind Trump und Nordkorea in den Schlagzeilen und dieser ganze Mist, der doch nur von den wahren Problemen unserer Zeit ablenkt. Auch die Flüchtlingsproblematik ist in den Medien derart vorherrschend, dass man denkt: Das ist das Übel unserer Zeit. Aber es ist doch so vieles: Bildung, Soziales, Altenversorgung und so weiter.
Mit Songs wie „Schilddrüsenunterfunktion“oder „Nana Mouskouri“sind Ihnen kleine Hits gelungen. Haben Sie es je auf den großen Erfolg angelegt? van Dannen Eigentlich wollte ich ja Kunstmaler werden. Es hat sich dann so ergeben, dass ich mehr Erfolg mit meinen Liedern hatte. Aber ich wollte nie ein großer Popstar werden und hätte auch gar keine Lust auf den ganzen Rummel gehabt, der damit einhergeht.
Wie geht das zusammen damit, dass Sie Songs für die Toten Hosen geschrieben haben? van Dannen Die haben von mir erfahren, und irgendwann hat Campino mich angerufen und wir haben überlegt, ob wir etwas zusammen machen könnten. Eine kleine Schnittmenge haben wir gefunden. Zu meinem Stil gehört ja eher dieser ironische Unterton und das Beiläufige. Bei Campino ist viel mehr Aggressivität und Wucht dabei. Aber bei manchen Sachen geht das gut zusammen und unser Kontakt besteht nach wie vor.
Was sind Ihre Lieder eigentlich: Chansons? Schlager? Kinderlieder für Erwachsene? van Dannen Sie sind eine Mixtur aus vielen Einflüssen. Das waren in der Kindheit die Schlager, dann die Folksongs aus meiner Heimat, dann Bob Dylan, Leonard Cohen, Don McLean. Aber ich bin auch großer Fan von Hildegard Knef.
Ein überraschend punkiger Ausbruch des Albums ist „Immer diese Religionen“mit der Zeile: „Ich kann das Wort Islam schon nicht mehr hören“. Was meinen Sie damit? van Dannen Das meint, dass mir das Thema zu dominant ist in der öffentlichen Wahrnehmung. Die Aggressivität, die von Islamisten ausgeht, ist unerträglich, und dann muss man auch sagen dürfen, dass einem das zu viel wird. Ich sage aber immer dazu, dass ich generell religionskritisch bin und nicht nur islamkritisch. Wenn Religion Menschen auseinander- und nicht zusammenbringt, ist das nicht gut. Und mit den neuen Missbrauchsvorwürfen bestätigt sich ja wieder, dass auch Kritik am Katholizismus mehr als berechtigt ist.
Im Song „Der kalte Hauch“singen Sie ironisch über Sensibilität. Aber sind Sie nicht auch ein Stück selbst der Typ, der auf einem Nana-Mous-
kouri-Konzert weint? van Dannen Der bin ich wahrscheinlich schon. Aber man kann alles übertreiben. Die Fetischisierung von Sensibilität, dieses ganze Achtsamkeitsgedöns, die neuen Trends Yoga und Wandern, das alles halte ich für etwas übertrieben.
Warum sind Ihre Songs oft bevölkert von Verlierertypen? van Dannen Es gibt definitiv eine Sympathie für die Schwächeren, vielleicht weil ich selbst oft zu den Schwächeren gehörte oder das Gefühl hatte. Ich bin also eher auf der Seite der Schwachen – aber nur, wenn sie nicht die Bösen sind. Heute sympathisieren die Schwachen ja auch mit Typen wie Trump.