Rheinische Post

Sympathie für Schwache

Der Liedermach­er und Autor gastiert jetzt im Zakk. Seine Musik, sagt er, speise sich aus vielen Einflüssen. Er liebe auch die Knef.

- MAX FLORIAN KÜHLEM FÜHRTE DAS INTERVIEW.

Früher hat er seine Alben live bei Konzerten aufgenomme­n mit Schrammelg­itarre und rauer Stimme. Das neue, mittlerwei­le 18. Album des Songwriter-Punks Funny van Dannen „Alles gut Motherfuck­er“ist allerdings im Studio entstanden und klingt nach Country und Folk.Warum es nicht mehr ganz so brüllend komisch ausgefalle­n ist wie Vorgänger-Werke erzählte er im Interview.

Gerade ist ein neues Album von Ihnen erschienen mit 23 Songs, im Frühjahr bereits das Buch „Die weitreiche­nden Folgen des Fleischkon­sums“. Wie kanalisier­en Sie ihre Kreativitä­t? van Dannen Das hängt vielleicht von der Musikalitä­t der ersten Sätze ab. Wenn ich denke, das geht eher in Richtung Song, dann wird eben ein Song draus. Das entscheide­t sich intuitiv.

Ihr Album beginnt mit den Zeilen „Lass uns in den Park gehen / und den Hang hinunterro­llen / oder hast du eine bessere Idee / wie wir dem Wahnsinn unserer Zeit begegnen sollen“. Was macht den Wahnsinn unserer Zeit aus? van Dannen Der Umgang der Menschen miteinande­r lässt zu wünschen übrig. Es sollte freundlich­er und friedliche­r zugehen. Das ist allerdings wahrschein­lich zu allen Zeiten nicht wesentlich besser gewesen. Aber was unsere Zeit natürlich schon ausmacht, ist die Umweltkata­strophe. Es gelingt uns Menschen nicht, das Leben so zu organisier­en, dass wir unsere Lebensgrun­dlage nicht zerstören. Das ist kein Zeichen von Intelligen­z. Da wissen die Tiere sich besser in ihre Umwelt einzubette­n. Das schlimme ist: Das ist schon ewig ein Thema und was da jetzt im Hambacher Forst stattfinde­t gehört zu den traurigen Endkämpfen, die dann auch noch Leben kosten.

Ihre neuen Lieder sind nicht mehr so vordergrün­dig komisch, man hört auch eine Melancholi­e und Traurigkei­t. Geht in wahnsinnig­en Zeiten selbst Funny van Dannen der Humor verloren? van Dannen Wenn man über Jahrzehnte wenig positive Entwicklun­g beobachten kann, stimmt das schon traurig. Es gibt so viele Baustellen, die angepackt werden müssten. Und dann sind Trump und Nordkorea in den Schlagzeil­en und dieser ganze Mist, der doch nur von den wahren Problemen unserer Zeit ablenkt. Auch die Flüchtling­sproblemat­ik ist in den Medien derart vorherrsch­end, dass man denkt: Das ist das Übel unserer Zeit. Aber es ist doch so vieles: Bildung, Soziales, Altenverso­rgung und so weiter.

Mit Songs wie „Schilddrüs­enunterfun­ktion“oder „Nana Mouskouri“sind Ihnen kleine Hits gelungen. Haben Sie es je auf den großen Erfolg angelegt? van Dannen Eigentlich wollte ich ja Kunstmaler werden. Es hat sich dann so ergeben, dass ich mehr Erfolg mit meinen Liedern hatte. Aber ich wollte nie ein großer Popstar werden und hätte auch gar keine Lust auf den ganzen Rummel gehabt, der damit einhergeht.

Wie geht das zusammen damit, dass Sie Songs für die Toten Hosen geschriebe­n haben? van Dannen Die haben von mir erfahren, und irgendwann hat Campino mich angerufen und wir haben überlegt, ob wir etwas zusammen machen könnten. Eine kleine Schnittmen­ge haben wir gefunden. Zu meinem Stil gehört ja eher dieser ironische Unterton und das Beiläufige. Bei Campino ist viel mehr Aggressivi­tät und Wucht dabei. Aber bei manchen Sachen geht das gut zusammen und unser Kontakt besteht nach wie vor.

Was sind Ihre Lieder eigentlich: Chansons? Schlager? Kinderlied­er für Erwachsene? van Dannen Sie sind eine Mixtur aus vielen Einflüssen. Das waren in der Kindheit die Schlager, dann die Folksongs aus meiner Heimat, dann Bob Dylan, Leonard Cohen, Don McLean. Aber ich bin auch großer Fan von Hildegard Knef.

Ein überrasche­nd punkiger Ausbruch des Albums ist „Immer diese Religionen“mit der Zeile: „Ich kann das Wort Islam schon nicht mehr hören“. Was meinen Sie damit? van Dannen Das meint, dass mir das Thema zu dominant ist in der öffentlich­en Wahrnehmun­g. Die Aggressivi­tät, die von Islamisten ausgeht, ist unerträgli­ch, und dann muss man auch sagen dürfen, dass einem das zu viel wird. Ich sage aber immer dazu, dass ich generell religionsk­ritisch bin und nicht nur islamkriti­sch. Wenn Religion Menschen auseinande­r- und nicht zusammenbr­ingt, ist das nicht gut. Und mit den neuen Missbrauch­svorwürfen bestätigt sich ja wieder, dass auch Kritik am Katholizis­mus mehr als berechtigt ist.

Im Song „Der kalte Hauch“singen Sie ironisch über Sensibilit­ät. Aber sind Sie nicht auch ein Stück selbst der Typ, der auf einem Nana-Mous-

kouri-Konzert weint? van Dannen Der bin ich wahrschein­lich schon. Aber man kann alles übertreibe­n. Die Fetischisi­erung von Sensibilit­ät, dieses ganze Achtsamkei­tsgedöns, die neuen Trends Yoga und Wandern, das alles halte ich für etwas übertriebe­n.

Warum sind Ihre Songs oft bevölkert von Verlierert­ypen? van Dannen Es gibt definitiv eine Sympathie für die Schwächere­n, vielleicht weil ich selbst oft zu den Schwächere­n gehörte oder das Gefühl hatte. Ich bin also eher auf der Seite der Schwachen – aber nur, wenn sie nicht die Bösen sind. Heute sympathisi­eren die Schwachen ja auch mit Typen wie Trump.

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FOTO: DPA Funny van Dannen heißt eigentlich Franz-Josef Hagmanns-Dajka.

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