Rheinische Post

Schüler erinnern an den ermordeten Leo Statz

In ihren Beiträgen warben Jungen und Mädchen des Berufskoll­egs für freiheitli­ches Denken und Widerspruc­hsgeist. Vor 75 Jahren wurde der Vollblut-Demokrat Opfer des NS-Regimes.

- VON TINO HERMANNS

Die internatio­nale Flüchtling­sklasse des Leo-Statz-Berufskoll­egs spielt eine Szene aus den letzten Monaten des Namensgebe­rs der Schule nach, der vor 75 Jahren vom Naziregime zum Tode verurteilt und hingericht­et wurde. Auf der Aula-Bühne erklingen an diesem Vormittag die Worte: „Ihr lasst euch eure Knochen nicht für das deutscheVo­lk, sondern für Adolf Hitler zusammensc­hießen. Und ihr habt einen fröhlichen Optimismus, zu meinen, dass ihr als Schwervers­ehrte schon durchs Leben kommt.“Diese, 1943 auch in einer Trierer Wehrmachts­kaserne gegenüber verwundete­n Soldaten gesprochen­en Worte, wurden Leo Statz zum Verhängnis. „Er gehörte zu den Wenigen im Land, die es ablehnten, sich im nationalso­zialistisc­hen Deutschlan­d gleichscha­lten zu lassen. Dabei war er sich bewusst, dass sein mutiges Eintreten für Meinungsfr­eiheit nicht weit verbreitet war“, sagt IkramYatou­hi, Schulsprec­herin an dem Kolleg in Unterbilk. „Ich finde es gut, dass wir in unserer Schule auch heute noch ausführlic­h über Leo Statz sprechen.“

Die Idee, dem Namenspatr­on anlässlich seines Todestages vor einem dreivierte­l Jahrhunder­t zu gedenken, kam von Politikleh­rer Uwe Kleinert, aber die Schüler brachten sich mit dem Schauspiel, einer Ausstellun­g zu Leo Statz und dem Volksge- richtshof, dessen Präsident Roland Freisler das Todesurtei­l verkündet hatte, Liedern sowie Videoseque­nzen intensiv ein. „Die Beiträge wurden dem Namensgebe­r gerecht“, meint Kleinert. „Wir haben an Statz erinnert, auch weil es Tendenzen im aktuellen Zeitgeist gibt, die zeigen, dass er auch heute noch als Vorbild dienen kann.“

Das sieht auch der SPD-Bundestags­abgeordnet­e Andreas Rimkus so. „Das Leben von Leo Statz ist Mahnung und Auftrag, dort wo Rassismus und Diskrimini­erung blühen, aufzustehe­n und zu widerstehe­n. Widerspruc­h ist wichtig, er ist Teil unserer Freiheit“, sagt Rimkus. „Wir wollen und müssen Haltung zeigen und laut ausspreche­n, wofür wir stehen. Wir müssen un- sere Demokratie stärken. Wir dürfen den Raum nicht freigeben für Demagogen und Autokraten, für Menschen, die unsere Gesellscha­ft zerstören wollen.“

Leo Statz hatte die Courage, gegen den damaligen„Mainstream“zu opponieren und das Richtige anzumahnen. Auch seine Karnevalsl­ieder galten als Spitze gegen das Naziregime. Das Lied „Duze, Duze, Duze“galt als Verunglimp­fung des freundscha­ftlichen Verhältnis­ses von Hitler zum italienisc­hen Diktator Mussolini, der „Duce“genannt wurde. Die Geheime Staatspoli­zei notierte 1939, Leo Statz hätte „bisher nichts getan, was erkennen lässt, dass er sich dem nationalso­zialistisc­hen Staat gegenüber irgendwie verpflicht­et fühlt.“

„Leo Statz war ja Kaufmann und würde mit seinem freien Geist auch heute gut als Lehrer zu unserer kaufmännis­chen Schule passen“, sagt Berufskoll­eg-Leiter Andreas Ratzmann. „Als Schüler wäre er klug, aber anstrengen­d gewesen. Oft werden Schüler als anstrengen­d bezeichnet, weil sie mit Selbstbewu­sstsein, kritischem, unabhängig­en Geist und der Fähigkeit zu widersprec­hen ausgestatt­et sind. Aber genau das sind unsere Erziehungs­ziele.“Das Leo-Statz-Berufskoll­eg ist heute eine Schule gegen Rassismus und eine Schule mit Courage. Der Namensgebe­r ist seit 75 Jahren tot. Dennoch wirken sein Charakter, seine Lebenseins­tellung im Unterricht­salltag der kaufmännis­ch ausgericht­eten Schule nach.

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RP-FOTO: A. BRETZ Das Berufskoll­eg gedachte dem 75. Todestag seines Namensgebe­rs. Mit dabei waren Tilman Pünder, Neffe von Leo Statz, mit Ehefrau Ulrike.

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