Immer diese Nerds im Lehrerzimmer
Lehrer-Kolumne Lutz Tomala glaubt, dass es heute cool ist, ein etwas schräger Freak zu sein.
Computerfreak, Fachidiot, Langweiler und Streber sind alles gültige Übersetzungen für das englische Wort „Nerd“. Während wohl kaum jemand mit den deutschen Wörtern betitelt werden möchte, ist das Wort „Nerd“fast so etwas wie ein Ritterschlag des 21. Jahrhunderts. Technologisierung und Komplexisierung der Gesellschaft lassen das „Nerdtum“zunehmend attraktiver erscheinen. Vielleicht ist es ja nur ein Wahrnehmungsfehler, aber die Lehrerzimmer sind voll von „Nerds“und das ist gut so.
Vorweg die wissenschaftliche Grundlage: Einer internationalen Umfrage des „Plymouth University‘s Centre for Teaching Mathematics“zur Folge sehen Schüler ihre Mathematiklehrer als Nerds mit Glat- ze und Brille. Ein kurzer Check unter den Kollegen fördert keine signifikant erhöhte Zahl an Glatzen und Brillen unter den „Mathelehrern“zutage. Trotzdem trinke ich meinen Pausenkaffee mit „Nerds“: Menschen, die sich mehrere Semester lang mit komplexen theoretischen Beweisen und Formeln herumschlagen, um später Schülerinnen und Schülern den Umgang mit Taschenrechnern beizubringen.
Das Schöne daran: Mittlerweile ist es cool, ein „Nerd“zu sein. Neben bereits angesprochenen Veränderungen der Gesellschaft sind eventuell auch Medien für diese Entwicklung verantwortlich. Man kann über die amerikanische Fernsehserie „Bing Bang Theory“sagen, was man will, aber sie stellt das Phänomen des coolen „Nerds“zeitgemäß dar.
Und so findet der „Urknall der Nerds“vielleicht gerade an den Schulen statt. Wenn Wissen und Lernen bereits cool sind, müssen wir Lehrer nur noch ein „nerdiges“Vorbild sein und den Schülerinnen und Schülern zeigen, wie man gut lernen kann, und welches Wissen sinnvoll nutzbar ist. Mein Schluss daraus: Sei ein „Nerd“– als Vorbild.