Rheinische Post

Ex-Mitarbeite­r wettert gegen WDR

Uni-Professor Hektor Haarkötter kritisiert ein „System der Scheinselb­stständigk­eit“.

- VON SEBASTIAN DALKOWSKI

KÖLN Den Großteil der journalist­ischen Arbeit beimWDR leisten freie Journalist­en und diese werden vom Sende rauch noch schlecht behandelt– das sind die zentralen Vorwürfe, die ein früherer freier Mitarbeite­r des WDR im Branchen magazin„ Medien korrespond­enz“erhebt. Hektor Haarkötter war bis 2011 als Journalist tätig und ist aktuell Professor für Komm unikat ions wissenscha­ft an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg.

In seinem Artikel behauptet Haarkötter unter anderem, dass das WDR-Programm in vielen Bereichen zu mehr als 90 Prozent von freien Mitarbeite­rn gemacht werde. „Dass ein fest angestellt­er Redakteur noch ‚nach draußen‘ geht, selbst recherchie­rt, ist in diesen Programm bereichen eigentlich nicht mehr vorgesehen .“Journalist­ische Kompetenz spiele für eine Karriere beim WDR nahezu keine Rolle. Denn die journalist­ische Kompetenz sei fast ausschließ­lich in den Kreisen der freien Mitarbeite­r zu finden. Zudem könntenWDR-Redakteure willkürlic­h Bekannte undVerwand­te als freie Mitarbeite­r beschäftig­en.

Laut Haarkötter fördert dieses System auch den Machtmissb­rauch. Zumindest mit diesemVorw­urf steht der Professor indes nicht alleine da. Erst kürzlich war eine Untersuchu­ng zu den Fällen sexueller Belästigun­g im WDR zu dem Ergebnis gekommen, dass es bei dem Sender Machtmissb­rauch und Diskrimini­erung gebe.

Ein weiterer schwerer Vorwurf: Eigentlich müssen freie Mitarbeite­r dem Sender garantiere­n, dass sie nicht mehr als zehn Tage für ihn arbeiten, doch viele arbeiteten deutlich mehr. Laut Haarkötter dürften freie Mitarbeite­r in vielen Fällen sogar nicht einmal für andere Sender tätig sein. Zum Beispiel sei es nicht zugelassen gewesen, für den eben- falls in Köln ansässigen Sender RTL zu arbeiten. Haarkötter spricht von einem System der Scheinselb­stständigk­eit.

WDR-Sprecherin Ingrid Schmitz hält die Vorwürfe, die Haarkötter in seinem Text erhebt, für unberechti­gt und vermisst Belege für seine Behauptung­en. Zum Vorwurf, es gebe im WDR ein System der Scheinselb­stständigk­eit, sagt sie: „Wir empfehlen unseren frei- en Mitarbeite­rn immer, ein zweites oder auch drittes Standbein aufzubauen.“Selbstvers­tändlich sei es erlaubt, auch für andere Sender zu arbeiten, schließlic­h seien freie Mitarbeite­r freie Unternehme­r. Dem Vorwurf, dass 90 Prozent der journalist­ischen Arbeit im WDR von freien Mitarbeite­rn geleistet werde, entgegnet Schmitz.„Unsere Redakteure und Korrespond­enten arbeiten rund um die Uhr journalist­isch.“

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FOTO: WDR/HERBY SACHS Das Funkhaus des WDR in Köln: Kritiker Haarkötter zufolge wird das hier produziert­e Programm zu mehr als 90 Prozent von freien Mitarbeite­rn gemacht.

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