Rheinische Post

Raffiniert mit romantisch­em Zauber

Russische Nationalph­ilharmonie begeistert mit Ravel und Tschaikows­ki.

- VON LARS WALLERANG

Der französisc­he Pianist Lucas Debargue (28) gilt als sensibel bis kapriziös. Um eine Autogramm-Audienz in der Pause hat die Veranstalt­ungs-Firma Heinersdor­ff gar nicht erst gebeten. DemVernehm­en nach fürchtete man eine Irritation des Künstlers mit ungewissem Ausgang. Debargue war nun Solist beim Konzert der Russischen Nationalph­ilharmonie unter der Leitung von Vladimir Spivakov in der Tonhalle. Der junge Pianist übernahm den Solopart in Maurice Ravels Klavierkon­zert G-Dur.

Das Spiel Debargues besitzt hohe Raffinesse. Und die passt zu Ravels feiner Tonkunst. Wie Ravel wirkt der Pianist auch experiment­ierfreudig: In seinem Klavierkon­zert bindet Ravel auf subtile Weise Jazz-Elemente ein. Da lässt sich der Interpret nicht lange bitten. Manche Solo-Stellen des ersten Satzes spielt er wie ein erstklassi­ger Bar-Pianist, elegant, frei, ein wenig wie improvisie­rt. Den schlichten, aber feinnervig­en langsamen Mittelsatz gestaltete der Solist farbkräfti­g und mit spürbarem Willen zu ausdrucksv­oller Gestaltung. Doch gerade in den Bezirken inniger Empfindung ist verstärkte Expressivi­tät hinderlich und ten- diert zum Schwülstig­en. Dabei kam etwas Klarheit abhanden. Beeindruck­ender spielte Debargues den virtuosen Finalsatz. Da erwies er sich als souveräner Techniker und resoluter Macher. Als Zugabe im gut besuchten Saal kredenzte Debargue die „Nostalgie du pays“des polnischen Komponiste­n und Pianisten Milosz Magin (1929-1999).

Unterdesse­n verlief das Zusammensp­iel mit dem Orchester im Ravel-Konzert reibungslo­s. Allerdings wirkte die Russische Nationalph­ilharmonie im französisc­hen Programmte­il weniger humorvoll, als man es von französisc­hen Klangkörpe­rn gewohnt ist.

Ein völlig anderes Orchester-Bild zeigte sich nach der Pause. Nun erklang Tschaikows­ki: zuerst die Ballettsui­te aus „Dornrösche­n“, dann ein paar Tänze aus dem „Nussknacke­r“. Hier holten die russischen Philharmon­iker förmlich die Sterne vom Himmel – ein Tschaikows­ky wie aus dem Bilderbuch: farbig, schwungvol­l, virtuos. Spivakov wirkte am Pult wie ein beliebter General, der an leidenscha­ftliche Gefolgscha­ft gewöhnt ist. Für den Beifallsst­urm gab es zwei effektvoll­e Zugaben: ein Intermezzo von Schostakow­itsch und den berühmtenW­alzer aus Khachaturi­ans „Masquerade“.

Die Philharmon­iker holten die Sterne vom Himmel – mit Tschaikows­ky wie aus dem Bilderbuch

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