„Das ist Schwerstarbeit für Pianisten“
Das komplette Klavierwerk von Bernd Alois Zimmermann spielt der Musiker an zwei Abenden in der Tonhalle.
Der Pianist Udo Falkner hat sich einen Namen gemacht als Interpret von zeitgenössischer Musik. Anlässlich des 100. Geburtstags Bernd Alois Zimmermanns (1918-1970) gibt er im Hentrich-Saal der Tonhalle zwei Klavierabende. Dabei kombiniert er Werke Zimmermanns mit denen seiner Schüler sowie Komponisten, die geistig zu Zimmermann und seiner Musikästhetik passen.
Früher haben Sie viel Chopin und Beethoven gespielt, heute legen Sie den Akzent auf die Moderne: Wie kam es dazu?
Falkner Wenn man ein Instrument erlernt und studiert, ist der Fokus zuerst auf die traditionelle Musik gerichtet. Ich habe aber schon als Kind sehr gerne zeitgenössische Musik gehört, vor allem abends im Radio auf WDR 3. Als ich das erste Stück von Karlheinz Stockhausen hörte, war das für mich Musik wie von einem anderen Stern. Und ich habe mich gefragt: Wie mag das gehen auf dem Klavier?
Sind Sie dann schon bald entsprechend zur Tat geschritten?
Falkner Ja, ich habe während meines Studiums viel zeitgenössische Musik gespielt, zum Beispiel von meinen Kommilitonen aus den Kompositionsklassen von Jürg Baur und Günther Becker.
Wie sind Sie mit Musik von Bernd Alois Zimmermann in Berührung gekommen?
Falkner Ich habe manches Konzert besucht. Im alten Schumann-Saal habe ich die Brüder Kontarsky mit Zimmermanns „Monologen“für zwei Klaviere gehört oder mit Siegfried Palm die Sonate für Cello solo.
Was interessiert Sie an Zimmermanns Musik?
Falkner Mich interessiert die Vielseitigkeit, die Vielfarbigkeit seines Oeuvres. Er komponierte Zwölftoniges, fast Serielles, aber auch Stücke mit Folklore und Jazzelementen, unendlich viel Musik für Hörspiele und Tanz. Seine stilistische Vielfältigkeit ist enorm. Er ließ sich anregen durch Literatur, Malerei und Film. Er war wie ein Chamäleon.
Sind Zimmermanns Klavierwerke typisch für diesen Komponisten? Falkner Nein, das Klavierwerk fällt schon etwas aus dem Rahmen. Das ist Musik, die fast wie Hindemith klingt und sich auf alte Tanzformen bezieht wie Gigue oder Toccata. In seinem Capriccio bezieht er ein Volks- und Kinderlied ein. Ist das „traditionell“?
Falkner Ja, das Gros geht in die traditionelle Richtung. Eine Ausnahme bilden die „Konfigurationen“. Die gehen in die Zukunft mit intensiver Nutzung des Mittelpedals, um Flageolett-Klänge einzubinden. Für alle drei Pedale stehen in den Noten eigene Pedalleisten.
Sind die Stücke schwer zu spielen? Falkner Die Anforderungen sind extrem hoch. Es ist Schwerstarbeit. Denn die Stücke liegen nicht sehr gut in der Hand. Zimmermann nutzte enorme Spannweiten. Er selber hatte auch eine sehr große Hand. Für ihn war das kein Problem. Viele Bewegungsabläufe sind musikalisch wunderbar gedacht, sind aber nicht gut auf den Tasten zu realisieren.
Spielen Sie gelegentlich noch Werke der Klassik und Romantik? Falkner Klaviermusik der Tradition spiele ich im Moment gar nicht mehr. Denn es liegt noch so viel Neues an, was ich noch unbedingt spielen möchte. Da bleibt für das alte Repertoire keine Zeit.