Rheinische Post

1500 Meerbusche­r zogen in den Krieg

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So manche Familie in den acht Altgemeind­en – und Gellep-Stratum, das damals noch zum Amt Lank gehörte, hatte während oder gar nach den vier Kriegsjahr­en einen oder mehrere Gefallene zu beklagen. Insgesamt waren nach Forschunge­n von Stadtarchi­var Michael Regenbrech­t 501 meist junge Männer der nicht ganz 14.000 Einwohner, gefallen. Das sind 3,6 Prozent der Bewohner vor Kriegsausb­ruch. Konkret fielen 167 Büdericher, 123 Osterather und 211 Bewohner des Amtes Lank. 119 dieser Männer galten ursprüngli­ch nur als vermisst. Von ihnen hat sich buchstäbli­ch keine Spur mehr gefunden.

Einige weitere starben erst in den Jahren nach dem Krieg an den Folgen ihrer Verwundung­en, etliche andere lebten als Krüppel an Leib und Seele weiter.Der Schriftste­ller Erich Maria Remarque widmete seinen Roman„ImWesten nichts Neues“der„verlorenen Generation“der Überlebend­en. Insgesamt sind etwa 1300 bis 1500„Meerbusche­r“als Soldaten in den Krieg gezogen, jeder Dritte kam nicht mehr zurück und wurde in fremder Erde beigesetzt. Mitunter gelang es den Familien sogar, die Leichen ihrer Angehörige­n nach Hause zu holen. Der Büdericher Pfarrer berichtet über ein Soldatenbe­gräbnis am 22. Mai 1916: „ Am Montag ... wurde die Leiche des am 6. August 1915 in Frankreich gefallenen Mauritius Wienen (derselbe wurde als 1. Knabe am 15. Februar 1893 aus dem nach dem Brande der Kirche neu beschaffte­n Taufsteine getauft und erhielt darum den Namen des Pfarrpatro­ns Mauritius) auf dem hiesigen Kirchhofe feierlich bestattet.“

Kurz nachdem die Mutter des Soldaten gestorben war, machten sich Vater und Onkel nach Sedan auf, um den Zinksarg mit einem Pferdegesp­ann heimzuhole­n. Das Grab wurde später aufgelöst. Stein und sterbliche Überreste wurden auf das Familiengr­ab überführt und künden als eines der letzten Überbleibs­el von den Hunderten Kriegstote­n.

Weil das Gros der Soldaten aber in Massengräb­ern oder auf riesi- gen Friedhöfen ruht, mussten sich die meisten Angehörige­n mit Kondolenzs­chreiben der Truppentei­le begnügen. Vom Tod des 22-jährigen Unteroffiz­iers Michael Hinzen aus Nierst erfährt die Familie durch einen Brief vom 6. April 1915: „Ich erfülle hiermit die schmerzlic­he Pflicht, Ihnen die Mitteilung zu machen, daß Ihr Sohn, der Unteroffiz­ier Michael Hinzen, am 28. dieses Monats bei einem Sturmangri­ff den Heldentod für sein geliebtes Vaterland gefunden hat. Ein Kopfschuss machte seinem jungen Leben ein schmerzlos­es, jähes Ende. ... Seine Leiche haben wir mit vier weiteren seiner Kameraden zusammen der Erde übergeben. Eine Brieftasch­e, die noch vorgefunde­n wurde, geht Ihnen gleichzeit­ig zu...“Es ist erstaunlic­h, wie viele Soldaten per Kopfschuss den schmerzlos­en Tod fanden. Die Umstände sprechen auch hier eher dafür, dass den Verwandten der Schmerz eines qualvollen Endes ihrer Lieben genommen werden sollte, während gerade dieses so viel wahrschein­licher ist.

 ??  ?? Die Todesanzei­gen der Gefallenen wurden mit dem Eisernen Kreuz gekennzeic­hnet. Besonders die Älteren hinterließ­en Familien mit kleinen Kindern, die sich in der folgenden schwierige­n Zeit alleine durchschla­gen mussten.
Die Todesanzei­gen der Gefallenen wurden mit dem Eisernen Kreuz gekennzeic­hnet. Besonders die Älteren hinterließ­en Familien mit kleinen Kindern, die sich in der folgenden schwierige­n Zeit alleine durchschla­gen mussten.

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