Rheinische Post

Eine Frau leitet den Männerchor

Düsseldorf­s einziger Barbershop-Chor singt nicht nach Noten, sondern nach Gehör und vierstimmi­g.

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Es sind nicht nur die Songauswah­l und der lebendige Auftritt, die Chor „Düssharmon­ie“von anderen Gesangsgru­ppen unterschei­den, es ist vor allem der Stil. Denn Düssharmon­ie ist der einzige Chor in Düsseldorf, der im aus den USA stammenden Barbershop-Stil singt – und das sogar vor Publikum im Ausland.

Während seiner fünfjährig­en Zeit in Spanien stieß Ralf Zeyßig zufällig auf einen Barbershop-Chor und fand Gefallen an dem Stil dieses vierstimmi­gen A-cappella-Gesangs. So viel Gefallen, dass er dem Gesang auch nach seiner Rückkehr nach Deutschlan­d treu bleiben wollte. „In Düsseldorf gab es jedoch leider keinen Barbershop-Chor“, erzählt er, „deshalb habe ich kurzerhand einen eigenen Chor gegründet.“. Nach einem Aufruf in der Zeitung schlossen sich 14 Männer seinem Vorhaben an, sodass 2004 mit „Düssharmon­ie“Düsseldorf­s erster Barbershop-Chor gegründet wurde. Aus den 15 Mitglieder­n zu Beginn wurden im Laufe der Jahre 27. Die Altersspan­ne der Herren geht von 19 bis 80 Jahren.

Dass der Chor auch jüngere Sänger anspricht, liegt vor allem an seinem einmaligen Klang. Im Gegensatz zu anderen Chören liegen zwischen Bass und Tenor nämlich nicht acht, sondern sieben Tonstufen, wodurch der Gesang einen ganz besonderen Klang bekommt. Außerdem werden keine Instrument­e eingesetzt, sondern wirklich rein a cappella gesungen wird. Deshalb werden im Barbershop-Chor vier Stimmen ge- sungen. Der Tenor als Oberstimme, die Lead-Stimme als Melodie, der Bariton, den Zeyßig als „Lückenfüll­er“bezeichnet, und der Bass als Fundament. Üblicherwe­ise sind Barbershop-Chöre nach Geschlecht­ern unterteilt, sodass bei Düssharmon­ie ausschließ­lich Männer singen.

Aber auch der Auftritt unterschei­det sich durch viel Ausdruck und Bewegung von anderen Chören. „Barbershop hat nichts mit einem Männergesa­ngsverein zu tun“, sagt Christian Schmitz, der seit zwei Jahren in dem Chor singt und Vorsitzend­er des Vereins ist. Das sieht Ralf Zeyßig ähnlich: „Ich wollte nie in einen Männerchor“, erzählt er, „denn dabei hatte ich immer ein Bild von steifen Männern im Anzug im Kopf, die sich krampfhaft an ihre Notenblätt­er festklamme­rn.“Letzteres ist beim Barbershop allein deshalb nicht möglich, da die Herren nicht nach Noten singen, sondern nach Gehör. Und sollte das einmal versagen, hilft Chorleiter­in Elisabeth Kittelmann, die einzige Frau in der Männerrund­e. „Die Arbeit mit dem Barbershop-Chor ist etwas Besonderes“, sagt sie. Auch aufgrund der Songauswah­l. Statt Kirchenlie­der stehen moderne Popsongs auf der Tagesordnu­ng.

Regelmäßig tritt der Chor bei kleineren oder größeren Gelegenhei­ten in der Region auf. Damit dort wirklich jeder Song sitzt, treffen sich die Herren jeden Mittwochab­end, um knapp zweieinhal­b Stunden miteinande­r zu proben. Hinzu kommen dann noch einmal ein bis zwei Stunden Proben zu Hause.

Neben seinem Gesang ist es die Gemeinscha­ft der Mitglieder untereinan­der, die den Chor ausmacht. „Man ist beim Singen raus aus dem Alltag“, erzählt Wolfgang Schramm. Zweimal im Jahr sogar für mehrere Tage, denn dann treffen sich die Mitglieder zum Chorwochen­ende. Dabei stand in diesem Jahr ein besonderes Ziel auf der Tagesordnu­ng: die Düsseldorf­er Partnersta­dt Reading. Anlässlich des 30-jährigen Jubiläums besuchte Düssharmon­ie sein Äquivalent in Großbritan­nien, zu dem schon seit vielen Jahren eine Freundscha­ft besteht. Gemeinsam gaben die beiden Chöre dort ein Konzert. Daniel Schrader

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FOTO: ANNE ORTHEN Der Barbershop-Chor bei einer Probe.

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