Rheinische Post

Milde Strafe für diebischen Koch

Der junge Auszubilde­nde hatte Möhren und Mayonnaise gestohlen.

- VON WULF KANNEGIESS­ER

Augenmaß bewies das Jugendgeri­cht gestern im Prozess gegen einen Koch. Sechs Monate lang hatte der 20-Jährige als Auszubilde­nder bei seinem Brötchenge­ber in 30 Fällen heimlich Nahrungsmi­ttel mitgehen lassen, aber auch je fünf Teller, Gabel, Löffel und Gläser. „Aus reinster Not“, wie er zugab. Der Jugendrich­ter war von den skurrilen Umständen und dem Geständnis so angetan, dass er das Verfahren eingestell­t hat. Gegen die Auflage, dass der Koch seinem Ex-Betrieb jetzt 100 Euro zahlt.

Unverschul­det sei der Angeklagte in Not geraten, habe die Lebensmitt­el nur deshalb eingesteck­t, sie mit zwei Kumpanen einer Wohngemein­schaft in Unterbilk dann verzehrt. Einer der Mitbewohne­r sei nämlich spielsücht­ig gewesen. Bis das nach drei Monaten auffiel, habe er die Miete für die Wohngemein­schaft verzockt statt das Geld zu überweisen. Damit das Trio nicht vor leerem Kühlschran­k saß, wurde der völlig unbescholt­ene Koch-Azu-

bi an seinem Arbeitspla­tz zum Dieb.

Die Liste der Beutestück­e, die er hinterher eigenhändi­g aufschrieb, erinnert an einen Wochenend-Einkauf: fünf bis sechs Möhren, eine Flasche Mayonnaise, ein Beutel Nudeln, eine Handvoll Tomaten, Apfelsaft, ein Stück Butter oder auch sechs Flaschen Mineralwas­ser. Von edlem Fleisch oder alkoholisc­hen Getränken ließ der 20-Jährige die Finger, auf Luxusmenüs musste die Männer-WG verzichten. Warum er nie beim Chef gefragt hatte, ob er restliche Nahrungsmi­ttel vielleicht mitnehmen könnte, hakte der Richter nach: „Das wäre bestimmt möglich gewesen!“

Kleinlaut kam es dazu von der Anklageban­k: „Mir war es peinlich, dass ich in so einer Lage war, weil ich eigentlich sehr aufs Geld achte!“Inzwischen hat er jeneWG aber verlassen, lebt allein, verdient als Koch gutes Geld. Gegen eine Schadenswi­edergutmac­hung war daher auch die Staatsanwä­ltin bereit, dieses Verfahren einzustell­en. Über den Daumen legte der Richter also fest, dass der Koch seinem früheren Chef für die stibitzten Nahrungsmi­ttel insgesamt „einen glatten Hunderter“überweisen soll – und damit ist der Fall für die Justiz dann erledigt.

„Mir war es peinlich, dass ich in so einer Lage war, weil ich eigentlich sehr aufs Geld achte!“Angeklagte­r

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