Streit um das Elterntaxi
Mit fallenden Temperaturen wird es auf den Straßen vor den Grundschulen noch unübersichtlicher. Grund ist ein Service, der Lehrern und Verkehrserziehern ein Dorn im Auge ist: das Elterntaxi. Einige Eltern verteidigen es.
Mit fallenden Temperaturen wird es auf den Straßen unübersichtlicher. Grund ist ein Service, der ein Dorn im Auge ist: das Elterntaxi.
Mütter und Väter, die ihre Kinder mit dem eigenen Auto zur Schule bringen, stehen unter Druck. Ihr Hol- und Bringservice ist unerwünscht. Alljährlich werden jene Schulen ausgezeichnet, die nachweisen können, dass (fast) kein Kind mehr auf vier Rädern zum Unterricht gebracht wird. Doch längst nicht jeder versteht die pauschale Verurteilung. Die wichtigsten Argumente im Überblick.
Was spricht gegen den Bringservice? „Wer möchte, dass sein Kind eine selbstbewusste Persönlichkeit wird, sollte es zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem Roller zur Schule schicken. Und das am besten schon als i-Dötzchen“, sagt Antje Schuh. Am Ende gehe es um frische Luft, Bewegung, bessere Konzentration und eben um die Stärkung des Selbstwertgefühls. Die Mutter und langjährige Vorsitzende der stadtweiten Schulpflegschaft EDS staunt über die Trends vor allem in der jüngeren Generation.„Wenn morgens ein Drittklässler behäbig aus dem SUV steigt und offensichtlich zehn oder mehr Kilo Übergewicht hat, dann weiß ich, dass hier was falsch läuft.“Auch Andreas Hartnigk, Vorsitzender derVerkehrswacht, hält den Service auf vier Rädern für grundfalsch. „An neuralgischen Punkten wie beispielsweise der Kölner Landstraße oder der Südallee stehen hoch engagierte Eltern mit Kelle und Warnweste, zudem gibt es Ampelindianer, Zu-Fuß-zur-Schule-Initiativen, dazu eine Verkehrserziehung, die bereits in der Kita startet“, sagt er. Seine zentrale Botschaft: Düsseldorfs Schulwege sind sicher. Niemand muss aus Angst sein Kind auf vier Rädern zur Schule bringen.
Was sagen die Betroffenen? Morgens viertel vor acht auf der Straße vor der katholischen Grundschule in Niederkassel. Im Sekundentakt halten Pkw kurz an, um den Nachwuchs aussteigen zu lassen. Am Zaun hat die Schule ein Schild anbringen lassen. „Vorsicht liebe Kinder, hier fahren eure Eltern!“, ist da zu lesen. Ein Seitenhieb, der viele trotzdem nicht davon abhält, ihre Sprösslinge bis kurz vor das Schultor zu kutschieren. Den meisten der Angesprochenen, die ihren Namen lieber nicht nennen wollen, gehen die pauschalen Verurteilungen zu weit. Dabei ist ein Argument besonders häufig zu hören:„Die Schule liegt auf demWeg zu meiner Arbeit“, sagt eine Mutter. Um Unfälle zu vermeiden, parke sie jedoch ein wenig abseits des Schulgeländes. „Ich möchte doch niemanden gefährden“, sagt sie. Eine guter Vorsatz, doch nicht alle, die an diesem Morgen vorfahren, halten sich daran. Für ein paar Minuten wird es arg unübersichtlich auf der Niederkasseler Straße, eine Baustelle verschärft das Problem noch. Tatsächlich ist auch das Wetter für viele Eltern ein Argument, das Auto zu nutzen. „Vor allem wenn es regnet, fahre ich mein Kind“, meint eine Mutter. Sonst gehe es mit dem Rad zur Schule. Wieder andere sorgen sich um die Sicherheit. „Es passiert so viel, ich fühle mich einfach wohler, wenn ich mein Kind zur Schule bringe“, sagt eine andere Mutter bevor sie weiterfährt. Und ein Mittvierziger, der es eilig hat, meint: Er habe kein schlechtes Gewissen. Wer ein Kind in der Kita und ein zweites in der Schule habe, dazu noch mehr als einen Kilometer von jeder der bei- den Einrichtungen entfernt wohne und um viertel nach acht im Büro sein müsse, schaffe „das eben nur mit dem Auto“.
Gibt es Kompromisse? Zu einem pragmatischen Umgang mit dem Thema rät Christine Kirschbaum, Leiterin der Paul-Klee-Schule an der Gerresheimer Straße. „Der Bereich unmittelbar vor der Schule muss tabu sein und bleiben. Das Unfallrisiko ist einfach zu groß“, sagt die Pädagogin. Eltern, die es partout nicht anders organisieren können, rät sie, „in jedem Fall“den Nachwuchs in einiger Entfernung abzusetzen. „Wer unsicher ist, kann sich mit anderen Eltern verabreden. Das letzte Stück gehen dann mehrere Kinder gemeinsam.“