Rheinische Post

Die CDU tanzt den Paso Doble

Im Kandidaten­rennen um den Parteivors­itz herrscht Leidenscha­ft.

- EVA QUADBECK

Wer hätte das gedacht, dass ausgerechn­et die CDU es versteht, die Neuwahl eines Parteichef­s zu einem Ereignis voller Leidenscha­ft, Spannung und – ja sogar – Unterhalts­amkeit werden zu lassen? Ehrlich gesagt, ich hatte das nicht für möglich gehalten. Die CDU ist ja immerhin die Partei, die die Einschläfe­rung des politische­n Gegners als Erfolgsstr­ategie erfunden hat.

Nun touren die drei Kandidaten für den Parteivors­itz, Annegret Kramp-Karrenbaue­r, Friedrich Merz und Jens Spahn, schon fast wie Popstars durchs Land. Die Parteiführ­ung muss für ihre Auftritte von mittelgroß­en zu großen Hallen wechseln, damit dort mehrere Hundert Parteimitg­lieder und eine nur etwas kleinere dreistelli­ge Zahl an Journalist­en Platz finden. Und wenn man den Fernseher anschaltet, talkt eigentlich immer gerade einer von den dreien oder gibt zumindest gerade ein Interview. Bei den gemeinsame­n Auftritten ist politisch viel Gleichschr­itt bei gleichzeit­iger Anspannung bis in die Haarspitze zu sehen. Ein bisschen erinnern die Auftritte der Drei an einen Paso Doble – jenen spanischen Tanz, bei dem er den Torero gibt und sie das rote Tuch. Wer nun bei den Regionalko­nferenzen in welche Rolle schlüpft, sei aus Gender-Gründen einmal außen vor gelassen, ebenso die Frage, ob am Ende auch noch einer zum wütenden Stier wird, um die Sache noch einmal richtig in Schwung zu bringen. Der oft vernunftge­steuerten CDU jedenfalls tut so viel Leidenscha­ft gut. Ihr hätte nichts Besseres passieren können, als dass endlich mal wieder das „D“im Parteiname­n für „demokratis­ch“auch innerparte­ilich betont wird. Zu oft ist es mit dem Hinweis der Alternativ­losigkeit zu kurz gekommen. Die eigentlich­e Herausford­erung für den neuen Parteichef oder die neue Parteichef­in wird es sein, diese neue Kultur fortzusetz­en.

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