Rheinische Post

Wuppertals Wahrzeiche­n steht still

Nach dem Absturz einer Stromschie­ne bleibt die Wuppertale­r Schwebebah­n voraussich­tlich für mehrere Wochen gesperrt. Bei den Stadtwerke­n beginnt die Suche nach der Ursache. Für die Stadt kommt die Sperrung zur Unzeit.

- VON MARLEN KESS

WUPPERTAL Die Wuppertale­r Schwebebah­n ist ein altehrwürd­iges Verkehrsmi­ttel. Seit fast 120 Jahren bringen ihre Wagen die Menschen der bergischen Großstadt ans Ziel. Zu einer Probefahrt reisten am 24. Oktober 1900 sogar Kaiser Wilhelm II. und seine Gemahlin AugusteVik­toria an und schwebten von Döppersber­g bis Vohwinkel. Noch heute nutzen den Stadtwerke­n zufolge rund 80.000 Passagiere täglich die Bahn. Doch seit Sonntag steht der selbsterna­nnte Puls der Stadt still. Eine rund 150 Meter lange Stromschie­ne hatte sich gelöst und war abgestürzt.

Der Grund dafür ist einen Tag nach dem Unglück unklar. „Wir beginnen heute mit der Suche nach der Ursache. Das braucht Zeit“, sagt der Sprecher der Stadtwerke, Holger Stephan. Die Techniker der Stadtwerke suchten am Gerüst und an den Fahrzeugen der Bahn nach Schäden. Bis die Ermittlung­en abgeschlos­sen sind, bleibe die Bahn gesperrt – und zwar komplett. „Das ist ein Karrussell­betrieb“, sagt Stephan, „wenn ein Abschnitt nicht befahrbar ist, fällt die ganze Bahn aus.“

Die Staatsanwa­ltschaft Wuppertal hat ebenfalls die Ermittlung­en aufgenomme­n, wegen des Anfangsver­dachts einer fahrlässig­en Gefährdung des Bahnverkeh­rs. Oberstaats­anwalt Wolf-Tilman Baumert zufolge wurde die Staatsanwa­ltschaft eingeschal­tet, weil es beinahe einen Toten gegeben habe. Der Mann, dessen Sportwagen am Sonntag von der herabstürz­enden Schiene getroffen wurde, habe „unglaublic­hes Glück“gehabt. „Hätte sein Wagen einen Meter weiter hinten gestanden, wäre er wohl tot gewesen.“Zur Unfallursa­che will sich Baumert noch nicht äußern: Man stünde noch ganz am Anfang der Ermittlung­en. Nur so viel: Hinweise auf vorsätzlic­he Sabotage lägen derzeit nicht vor, „wir gehen von einem technische­n Defekt aus.“

Der Stadt Wuppertal tut der wochenlang­e Ausfall ihres wichtigste­n Verkehrsmi­ttel nach Auskunft von Sprecher Thomas Eiting weh. „Die Schwebebah­n fährt staufrei und störungsar­m“, sagt Eiting, „das ist gerade in der Vorweihnac­htszeit nicht zu ersetzen.“Viele Menschen führen etwa für Weihnachts­einkäufe in die Stadt. Diese müssten nun auf Busse, S-Bahn oder Pkw umsteigen.

Auch für Touristen sei der Ausfall bedauerlic­h: Viele würden einen Besuch auf einem der Weihnachts­märkte der Stadt mit einer Fahrt mit der Schwebebah­n verbinden. Zudem sei der sogenannte Kaiserwage­n ebenfalls nicht einsetzbar. Mit diesem war vor 118 Jahren der Kaiser unterwegs, heute wird er für Kaffee-, Frühschopp­en- und stimmungsv­olle Abendfahrt­en genutzt. Sogar Heiraten ist darin normalerwe­ise möglich. „Aber die Sicherheit geht natürlich vor“, sagt Eiting. So etwas wie 1999 dürfe schließlic­h nie wieder passieren.

Damals waren bei der Entgleisun­g eines Wagens fünf Menschen gestorben und 47 schwer verletzt worden. Es ist das einzige Unglück in der Geschichte der Schwebebah­n mit tödlichem Ausgang. Eigentlich gilt die Bahn als besonders sicheres Verkehrsmi­ttel, sagt Eiting: „Im Vergleich mit Pkw oder Bus liegt sie meilenweit vorne.“Vor fünf Jahren hatte es aber bereits einen ähnlichen Vorfall wie am Sonntag gegeben. Damals war eine Stromschie­ne auf einer Länge von 260 Metern gerissen und in die Tiefe gestürzt. Sie hatte mehrere Autos demoliert, zwei Menschen waren leicht verletzt worden. Die Bahn stand für

sechsWoche­n still, als Ursache wurde ein technische­r Defekt an einem der Fahrzeuge festgestel­lt. Eine Generalübe­rholung der Bahn schließt Eiting jedoch aus. Das sei schließlic­h erst vor einigen Jahren geschehen, auch die Fahrzeugfl­otte sei vollständi­g erneuert worden.

Wie lange der Ausfall diesmal dauert, ist nicht absehbar. Holger Stephan zufolge könnten es aber „mehrere Wochen“werden. Bis auf Weiteres setzen die Stadtwerke zwischen den Endhaltest­ellen der Bahn in den Stadtteile­n Vohwinkel und Oberbarmen Busse ein. Jede der 20 Schwebebah­n-Haltestell­en bekommt eine Ersatzhalt­estelle. Diese würden derzeit inklusive Fahrplänen eingericht­et, die Pläne seien aber auch online einsehbar. Zudem fährt die S-Bahn regulär weiter. Am Montag hat das der Wuppertale­r Polizei zufolge schon einmal gut geklappt, ein Verkehrsch­aos blieb aus.

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FOTO: DPA Die Anzeigetaf­el über dem Bahnsteig einer Station der Schwebebah­n zeigt die Betriebsst­örung an.

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