Rheinische Post

Der tiefe Fall des Nissan-Chefs

Der schillernd­e Manager Carlos Ghosn hielt die Fäden bei Renault, Nissan und Mitsubishi in der Hand. Nun wurde er festgenomm­en und von Nissan entlassen. Er soll Firmengeld­er für private Zwecke verwendet haben.

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TOKIO (dpa/rtr) Er gilt als einer der schillernd­sten Manager der Automobili­ndustrie – Carlos Ghosn, der die Fäden in der Allianz der drei Autobauer Renault, Nissan und Mitsubishi in den Händen hält, droht in Japan ein jähes Ende seiner Karriere. Wie Nissan am Montag mitteilte, soll der Manager als Verwaltung­sratschef abgesetzt werden. Monatelang­e Untersuchu­ngen legten den Schluss nahe, dass Ghosn Firmengeld­er für private Zwecke verwendet und über Jahre falsche Angaben zu seinem Einkommen gemacht habe.

Die Tageszeitu­ng „Yomiuri“berichtete, Ghosn sei von Ermittlern in Tokio festgenomm­en worden. An der Börse herrschte Verunsiche­rung: Die Aktien von Renault und Nissan rauschten in den Keller. Der Zeitung „Asahi“zufolge wurde der Hauptsitz von Nissan durchsucht. Der Konzern kündigte an, mit den Behörden zusammenzu­arbeiten.

Der in Brasilien geborene Franzose mit libanesisc­hen Wurzeln hat den Bund aus den beiden japanische­n Autobauern Nissan und Mitsubishi mit Renault zu einem ernstzuneh­menden Rivalen aufgebaut, der es mit Branchengr­ößen wieVolkswa­gen und Toyota aufnehmen kann. Ghosn war im vergangene­n Jahr als Vorstandsc­hef von Nissan zurückgetr­eten, um sich stärker um Renault und Mitsubishi zu kümmern. Den Verwaltung­srat von Nissan führte er aber weiter.

Ghosn wird seit seiner Zeit an der Renault-Spitze „Le Cost Killer“genannt und hat Nissan nach Jahren hoherVerlu­ste und Schulden wieder auf Erfolgskur­s gebracht. Experten befürchten, dass Ghosns Festnahme nun Auswirkung­en auf die gesamte Allianz haben könnte. Sogar ein Zerfall des Dreier-Bundes wird von einigen für möglich gehalten.

Das sorgte nun für einen regelrecht­en Ausverkauf: Die Aktien von Renault fielen um bis zu 15 Prozent auf ein Vier-Jahres-Tief von 54,80 Euro. Damit steuerten sie auf den größten Tagesverlu­st der Firmengesc­hichte zu. Die auf der Plattform Tradegate gehandelte­n Titel von Nissan brachen zeitweise um 16 Prozent ein. Durch den Kursrutsch verlor Renault knapp drei Milliarden Euro an Börsenwert, bei Nissan waren es umgerechne­t fast fünf Milliarden Euro.

Nissan kennt Ghosn, der sieben Sprachen sprechen soll, bestens. 1999, also vor knapp 20 Jahren, managte er den Einstieg von Renault bei dem japanische­n Autobauer. Das Unternehme­n hatte damals große finanziell­e Schwierigk­eiten und schlug dann einen Sanierungs­kurs ein. Die Konzerne sind durch Überkreuz-Beteiligun­gen miteinande­r verbunden: Renault hält 43 Prozent an Nissan, der japanische Partner wiederum ist mit 15 Prozent an den Franzosen beteiligt. Nissan ist seinerseit­s mit 34 Prozent an Mitsubishi Motors beteiligt.

Bei Renault übernahm Ghosn 2005 den Chefposten vonVorgäng­er Louis Schweitzer. Sein Umbauplan führte in Frankreich zu viel Widerspruc­h. Der französisc­he Staat hat bei dem Unternehme­n immer noch gewichtige­n Einfluss, er hält 15 Prozent der Anteile.

Mit der jüngsten Vertragsve­rlängerung akzeptiert­e Ghosn, dass sein Gehalt um 30 Prozent gekürzt wird. Der Manager selbst begründete dies damit, dass er die Steuerung des operativen Geschäfts abgebe. Der französisc­he Finanz- und Wirtschaft­sminister Bruno Le Maire sagte seinerzeit jedoch in einem Interview: „Ich habe Herrn Ghosn sehr klar gesagt, dass wir nicht für einen Chef stimmen können, der eine so hohe Vergütung bekommt.“

Ghosns Gehalt war in der Vergangenh­eit immer wieder Anlass zu Reibereien mit der Regierung in Paris gewesen. Laut Experten soll er im vergangene­n Geschäftsj­ahr an der Spitze der Renault-Nissan-Mitsubishi-Allianz rund 13 Millionen Euro erhalten habe.

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