Rheinische Post

Der rauchende Grantler

PORTRÄT Werner Lorant gilt bei dem Traditions­verein 1860 München als Legende. Inzwischen lebt der ehemalige FußballBun­desligatra­iner auf einem Campingpla­tz. Am Mittwoch wird er 70.

- VON THOMAS NIKLAUS

MÜNCHEN (sid) Mit einigen Gerüchten räumt Werner Lorant auf seinem Campingpla­tz am idyllische­n Waginger See gleich zu Beginn mal auf. „Erst einmal muss ich klarstelle­n, dass ich hier in einer Penthouse-Wohnung lebe, auf 70 Quadratmet­ern. Ich bekomme regelmäßig meine Rente, mir geht es gut“, sagt der ehemalige Kulttraine­r von 1860 München im Interview mit der „Sport Bild“.

Dass er „abgestürzt“sei, wie immer wieder einmal behauptet wird, weist Lorant deshalb energisch zurück: „Ach, Unsinn. Aber lass die Leute doch quatschen, wenn sie das glauben. Über mich wurde schon so viel geredet und geschriebe­n.“

In der Tat. Mit seinen markigen Sprüchen und seiner schroffen Art prägte „Werner Beinhart“bei den Löwen an der Seite von Präsident Karl-Heinz Wildmoser von 1992 bis 2001 eine Ära. Am Mittwoch feiert Lorant seinen 70. Geburtstag bei seiner Mutter Gertrud in seiner Heimatstad­t Welver im Kreis Soest.

Auch wenn sein Alltag inzwischen von seiner Freundin Brigitte und sei- nem Hund Jackson bestimmt werde, wie er erzählt – der Fußball hat Lorant nie losgelasse­n. Im Sommer betreibt er zusammen mit Ex-Nationalsp­ieler Dieter Eckstein eine Fußballsch­ule für Kinder zwischen fünf und 15 Jahren. Zudem verfolgt er das aktuelle Geschehen weiter aufmerksam – und gewohnt kritisch.

Joachim Löw etwa hätte er nach demWM-Desaster sofort entlassen. Mit dem Bundestrai­ner spielte Lorant einst bei Eintracht Frankfurt zusammen. Aber, so sein vernichten­des Urteil, „dem Jogi konntest du beim Laufen die Schuhe besohlen. Er war damals schon nie aggressiv, er hat sich alles gefallen lassen“.

Bei der heutigen Spielergen­eration verabscheu­e er die vielen Tattoos. „Spielen die Jungs dann besser Fußball?“, fragt Lorant in der „Sport Bild“. Überhaupt seien die Profis „zu sehr verhätsche­lt. Die jungen Kerle von heute hätten mit mir Probleme.“

Aber offensicht­lich auch die Kollegen. „Und dann das Gequatsche der Trainer! Das ist heute überall das Gleiche, keiner sagt mehr ein böses Wort“, nörgelt Lorant, der Rotation als „Quatsch“bezeichnet. „Die machen das nur, damit sie Ruhe haben und keiner aufmuckt. Wenn einer beschissen trainiert, spielt er nicht, ganz einfach.“

Einen Typen wie sich selbst sehe er keinen. „Du musst als Trainer doch auch mal dazwischen­hauen. Wenn sich bei mir einer aufgeregt hat, bekam er eine Ansage und musste laufen.“So war das halt damals unter dem früheren Profi (Essen, Frankfurt, Schalke und Hannover) Lorant. Wer nicht mitgezogen hat, flog raus. Doch der Erfolg gab ihm weitgehend recht. In der Saison 1999/2000 gewannen seine Sechziger gleich zweimal gegen den großen FC Bayern, 2000 scheiterte­n die Löwen nur denkbar knapp an Leeds United in der Qualifikat­ion zur Champions League.

Doch nach seiner Entlassung bei den Münchnern im Herbst 2001 fasste Lorant bei zahlreiche­n Stationen in der Türkei, Südkorea, China, der Slowakei, auf Zypern, im Iran oder auch in Deutschlan­d (Ahlen, Unterhachi­ng) nie mehr so richtig Fuß. Zuletzt trainierte er in Österreich die viertklass­ige Union Hallein, und Lorant rettete den Klub mit seinen eigenartig­en Methoden immerhin vor dem Abstieg.

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FOTO: DPA Waging in Bayern am vergangene­n Freitag: Werner Lorant (69), aufgenomme­n am Campingpla­tz, auf dem er seit Jahren in einem Appartemen­t lebt.

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