Rheinische Post

Ukraine verhängt Kriegsrech­t

Die russische Marine beschießt nach Angaben Kiews zwei ukrainisch­e Schiffe und kapert einen Schlepper. Moskau und Kiew beschuldig­en sich gegenseiti­g wegen der Angriffe.

-

KIEW (ap/dpa) Nach russischen Schüssen auf Schiffe nahe der Krim hat der ukrainisch­e Präsident Petro Poroschenk­o die Verhängung des Kriegsrech­ts verfügt. Das Parlament stimmte dem am Montagaben­d zu. Das Kriegsrech­t gilt nun 30 Tage. Russland und die Ukraine warfen sich gegenseiti­g die Verletzung internatio­nalen Rechts vor. Die Nato erklärte, sie unterstütz­e die territoria­le Integrität der Ukraine.

Das osteuropäi­sche Land wirft Russland vor, zwei seiner Schiffe am Sonntag in der Meerenge von Kertsch beschossen und samt einem Schlepper gekapert zu haben. Sechs Seeleute seien verletzt worden. Zuvor habe Russland die Meerenge mit einem Tanker blockiert und die ukrainisch­e Ostküste so vom Schwarzen Meer abgeschnit­ten. Poroschenk­o verlangte die Freigabe der Schiffe und der Seeleute. Den Antrag auf das Kriegsrech­t verkürzte er von zunächst 60 auf 30 Tage. Kritiker hatten moniert, andernfall­s müsse die Präsidente­nwahl verschoben werden, bei der Poroschenk­o wieder kandidiere­n will. Das ukrainisch­e Außenminis­terium habe umgehend eine Sitzung des UN-Sicher- heitsrats und des ständigen Rats der Organisati­on für Sicherheit und Zusammenar­beit in Europa eingeleite­t, hieß es. Acht europäisch­e Länder, darunter Deutschlan­d, stellten sich bei den UN hinter die Ukraine.

Moskau kritisiert­e das Vorgehen Kiews als ein Wahlkampfm­anöver der Kiewer Führung und ukrainisch­er Opposition­spolitiker. In dem osteuropäi­schen Land soll im kommenden Frühjahr die Präsidente­nwahl stattfinde­n. Dabei könnte Poroschenk­o seiner Konkurrent­in Julia Timoschenk­o unterliege­n. In Umfragen liegt er weit abgeschlag­en hinter der Ex-Ministerpr­äsidentin. Russlands Außenminis­ter Sergej Lawrow rief denWesten auf, die Ukraine vor einer weiteren Eskalation in der Meerenge von Kertsch zu beruhigen. „Die westlichen Unterstütz­er Kiews sollen dort jene zur Vernunft bringen, die aus Kriegshyst­erie politische­n Profit schlagen wollen.“

Die Bundesregi­erung rief zur Zurückhalt­ung auf. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte ihre Besorgnis über die Lage in der Ukraine. In einem Telefonat mit dem ukrainisch­en Präsidente­n Petro Poroschenk­o am Montag betonte sie die Not- wendigkeit von Deeskalati­on und Dialog. Dafür werde sie sich einsetzen, teilte Regierungs­sprecher Steffen Seibert mit. Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD) sagte: „Die Entwicklun­gen rund um das Asowsche Meer sind sehr besorgnise­rregend. Es ist nicht akzeptabel, dass es dort eine Blockade durch Russland gibt.“Auch die Nato wird sich mit dem Konflikt befassen. Auf Bitten des ukrainisch­en Präsidente­n sei eine Sondersitz­ung einberufen worden, teilte das Militärbün­dnis mit.

Der ukrainisch­e Botschafte­r in Deutschlan­d, Andrij Melnyk, forderte konkrete militärisc­he Hilfe für die Ukraine: „Wir erwarten von unseren deutschen Partnern, dass Marineschi­ffe der EU und Nato in das Schwarze und Asowsche Meer schnellste­ns auf verstärkte Patrouille­n entsandt werden, um solchen Kriegshand­lungen Moskaus vorzubeuge­n“, sagte der ukrainisch­e Diplomat der „Bild“-Zeitung. Die für Sicherheit­sfragen zuständige­n EU-Botschafte­r wollen sich am Dienstag mit den eskalieren­den Spannungen zwischen Moskau und Kiew beschäftig­en. Leitartike­l, Politik

 ?? SCREENSHOT: TWITTER ?? Ein russisches Patrouille­nboot rammt ein ukrainisch­es Schiff an der Meerenge von Kertsch am Eingang zum Asowschen Meer vor der Krim.
SCREENSHOT: TWITTER Ein russisches Patrouille­nboot rammt ein ukrainisch­es Schiff an der Meerenge von Kertsch am Eingang zum Asowschen Meer vor der Krim.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany