Rheinische Post

Was in Turkmenist­an an Schulen anders ist

Deutschleh­rerin Gulnara Azynova aus Turkmenist­an war 20 Tage zu Besuch in der Gesamtschu­le in Büderich.

- SEBASTIAN BERNATZKI FÜHRTE DAS INTERVIEW.

Die turkmenisc­he Lehrerin Gulnara Azynova war zu Besuch an der Gesamtschu­le Büderich. Im Interview schildert sie ihre Eindrücke.

Sie waren nun knapp dreiWochen zu Besuch in Deutschlan­d.Wie wurden Sie von Ihrer Gastfamili­e und Ihren neuen Kollegen empfangen? Gulnara Azynova Alle waren sehr freundlich, geduldig und haben sich um mich gekümmert. Ich habe jetzt viele Ideen, wenn ich wieder nach Hause fahre. In der gesamten Zeit habe ich viele Unterricht­sstunden besucht.

Haben Sie sich die Deutschen so vorgestell­t?

Azynova Früher dachte ich, die Deutschen seien kalte, sehr pünktliche Menschen und das man nur Würstchen isst und Bier trinkt. Aber in den dreiWochen hier war alles anders. Alle sind sehr nett zu mir und wir haben in der Zeit sehr viel gelacht.

Hat Sie etwas besonders überrascht? Azynova Am 11. November um 11.11 Uhr war ich in Köln. Das war ein Kulturscho­ck für mich. Aber es war sehr lustig! (lacht) Das war ein Höhepunkt für mich, was die deutsche Kultur betrifft.

Ist das Ihr erster Besuch in Deutschlan­d gewesen?

Azynova Nein, ich war schon 2011 in Hamburg. Aber dort war alles schrecklic­h. Niemand hat sich um mich gekümmert oder mir etwas gezeigt. Dieses Mal war alles anders. Ich habe die beste Gastfamili­e, die besten Gasteltern. In Meerbusch habe ich Deutschlan­d von einer anderen Seite kennengele­rnt.

Und wie war die Zusammenar­beit im Kollegium?

Asynova Das gesamte Team hier ist sehr gastfreund­lich. Ich war einen Tag auf einem Seminar in Aachen und ein Kollege hat mir anschließe­nd die Stadt gezeigt.

Wie fanden Sie das Seminar? Azynova Es war eine wunderbare Möglichkei­t für die Lehrer. Das Gelernte kann ich auch für Schulbüche­r benutzten. Ich bin Co-Autorin für Lehrbücher. Wir haben schon für die erste, dritte und fünfte Klasse Bücher geschriebe­n. Wie unterschei­det sich der Unterricht in Deutschlan­d zu dem in Turkmenist­an?

Azynova Hier gibt es etwas mehr Freiheit. Die Schüler haben mehr Möglichkei­ten im Schulsyste­m. In Turkmenist­an herrscht Disziplin. Der Tag ist komplett durch getaktet.

Wie sieht ein typischer, turkmenisc­her Schultag aus?

Azynova Er beginnt damit, dass alle Schüler vor dem Unterricht sich versammeln und gemeinsam fünf Minuten Gymnastik machen. Anschließe­nd beginnt der Unterricht. Eine Unterricht­sstunde geht 45 Minuten. Eine Stunde wird zum Beispiel mit Mundgymnas­tik begonnen. Dann werden die Hausaufgab­en kontrollie­rt und besprochen. In jedem Fach und in jeder Stunde gibt es neue Hausaufgab­en. Anschließe­nd wird ein Thema durchgenom­men. In den Pausen, welche zwei, drei Minuten lang sind, besprechen sich die älteren Kinder. Die jüngeren machen Gymnastik. Das ist freiwillig.

An was für einer Schule arbeiten Sie? Azynova Ich arbeite auf einer speziellen Schule, zu der auch ein Kindergart­en gehört und die Schüler früh Fremdsprac­hen lernen. Die erste schon im Kindergart­en. Die zweite wählen sie in der fünften Klasse. Bei uns sind in einer Klasse 45 Schüler. Deshalb ist auch Disziplin so wichtig. (lacht)

Ist Deutsch in Turkmenist­an eine beliebte Fremdsprac­he?

Asynova Ja, viele wählen Deutsch, damit sie später in Deutschlan­d oder Österreich studieren können. Neben Deutsch wird noch Französisc­h und Englisch angeboten. Englisch können jedoch schon viele Schüler. Meine Mutter spricht zum Beispiel mit meiner Tochter seitdem sie ein paar Jahre alt ist nur Englisch.

Wird sich nach Ihrem Besuch in Meerbusch etwas an Ihrem Unterricht verändern?

Asynova Auf jeden Fall. Ich möchte gerne eine Mischung aus dem Unterricht in Deutschlan­d und dem in Turkmenist­an machen. Gruppenarb­eit, Freiarbeit oder zum Beispiel die Imker AG möchte ich auch an unserer Schule anbieten.

Wie würden Sie Freiarbeit in Ihren Unterricht einbinden?

Asynova Dort würde ich den Schülern fünf Themen zur Auswahl geben, aus denen sie sich eins raussuchen können. Sie hätten dann einen Monat Zeit, etwas auszuarbei­ten.

Was wird Ihnen im Gedächtnis bleiben?

Asynova Mir hat es sehr gefallen abends mit Anno und Andrea (Gastfamili­e, Anm. d. Redaktion) am Tisch zu sitzen, den Tag zu besprechen und Wein zu trinken. (lacht)

Wie sieht der Feierabend bei Ihnen normalerwe­ise aus?

Asynova In Turkmenist­an bin ich meistens erst um acht Uhr zu Hause. Der Unterricht teilt sich bei uns in zwei Einheiten auf. Einmal von neun bis 13.30 Uhr und von 13.30 bis 19 Uhr und das sechsmal dieWoche. Wenn ich zu Hause angekommen bin, koche ich für meine Familie und helfe meiner Tochter bei den Hausaufgab­en. Für mich habe ich nur eine Stunde am Tag.

 ?? RP-FOTO: BERNATZKI ?? Lehrerin Gulnara Azynova unterricht­et Deutsch in Aschgabat, der Hauptstadt von Turkmenist­an. Dort steht Disziplin auf der Tagesordnu­ng, unter anderem da in einer Klasse 45 Schüler sind.
RP-FOTO: BERNATZKI Lehrerin Gulnara Azynova unterricht­et Deutsch in Aschgabat, der Hauptstadt von Turkmenist­an. Dort steht Disziplin auf der Tagesordnu­ng, unter anderem da in einer Klasse 45 Schüler sind.

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