Rheinische Post

Ex-Agrarminis­terin schildert ihren Hacker-Alptraum

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Obwohl sie jeden Satz ablas, brach Christina Schulze Föcking (CDU) mehrfach die Stimme weg. Nach ihrer rund halbstündi­gen Erklärung vor dem Untersuchu­ngsausschu­ss im Landtag gab es gestern keine Zweifel mehr: Die ehemalige NRW-Umweltmini­sterin und ihre Familie hatten Angst um ihr Leben. „Es gab Zeiten, in denen mein Mann mit dem Hund im Auto übernachte­t hat, um Wache zu halten“, schilderte sie die Zustände auf dem Hof ihrer Familie im Münsterlan­d.

Tagelang hatte sie zuvor Hassmails und Morddrohun­gen erhalten. Am 15. März 2018 - die damalige Ministerin war auf dem Weg ins Kinderzimm­er - hörte sie aus dem Wohnzimmer plötzlich ihre eigene Stimme. Auf dem Fernseher war die Aufzeichnu­ng einer Landtags-Fragestund­e zu sehen, in der es um die umstritten­e Schweineha­ltung in ihrem Familienbe­trieb ging. Der Staatsschu­tz wurde eingeschal­tet.

Der vermeintli­che Hacker-Angriff entpuppte sich später als harmloser Bedienfehl­er. Schulze Föcking war gestern die erste Zeugin des Untersuchu­ngsausschu­sses. Das Gremium soll herausfind­en, ob die Ministerin und die Staatskanz­lei Öf- fentlichke­it und Parlament rechtzeiti­g über den harmlosen Hintergrun­d des Vorfalls informiert­en. Am Tag nach dem vermeintli­chen Hackerangr­iff erklärte Regierungs­sprecher Christian Wiermer: „Nach Informatio­nen der nordrhein-westfälisc­hen Ermittlung­sbehörden hat es von bisher unbekannte­r SeiteVersu­che gegeben, auf persönlich­e Daten der Ministerin (...) zuzugreife­n. Mindestens teilweise waren dieVersuch­e demnach auch erfolgreic­h.“

Am 29. März erklärten die Ermittler der damaligen Ministerin, dass die Bilder wahrschein­lich versehentl­ich von ihrer im Haus wohnenden Mutter auf den Fernseher gespielt wurden. Am 18. April kündigte die Staatsanwa­ltschaft ihr die voraussich­tliche Einstellun­g des Verfahrens an, was am 22. Juni auch geschah. Trotzdem nahm Schulze Föcking noch am 26. April Solidaritä­tserklärun­gen entgegen. SPD und Grüne hinterfrag­ten gestern, warum Schulze Föcking erst am 7. Mai öffentlich gemacht habe, dass es gar keinen Hacker-Angriff gab.Sie räumte ein, dass sie die Fraktionss­pitzen des Landtages früher hätte informiere­n sollen. Die Öffentlich­keit habe sie nicht informiere­n wollen, bevor die Ermittlung­en abgeschlos­sen gewesen seien.

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