Streit ums Geld: Kohlekommission vertagt sich
Der Entschädigungsstreit ist bis Jahresende nicht zu lösen. NRW treibt die Revisionsklausel voran.
BERLIN Wegen ungelöster Streitfragen vertagt sich die Kohlekommission auf Februar. „Es besteht Einvernehmen, die Arbeit der Kommission am 1. Februar 2019 abzuschließen“, teilten die vier Vorsitzenden, darunter Bahn-Vorstand Ronald Pofalla, mit. Bis dahin soll eine Arbeitsgruppe „im Bereich Strukturwandel weitere konkrete Vorschläge erarbeiten“. Am Montag waren Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) bei der Kommission – und es wurde klar, dass sie über die Entschädigung zerstritten sind. Konzerne und Regionen sind zwar bereit, viele Braunkohle-Blöcke abzuschalten. Doch sie fordern Kompensation. „Die Verlängerung der Beratung zeigt, wie komplex und herausfordernd die Aufgabenstellung inWahrheit ist. Denn Strom aus Kohle macht die Hälfte der gesamten gesicherten Leistung in Deutschland aus“, sagte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP). Ein Rückzug aus der Kohleverstromung ohne Strukturbrüche sei nur erreichbar, wenn ein komplexes Maßnahmen-Bündel ergriffen werde. „Über die kommenden zwanzig Jahre sind Mittel in Höhe eines mittleren zweistelligen Milliardenbetrags unverzichtbar“, bekräftigte Pinkwart seiner Forderung nach mehr Geld. Die Ost-Länder fordern bis zu 60 Milliarden Euro. Das sieht Scholz skeptisch.
NRW treibt zudem eine Revisionsklausel (eine Wenn-Dann-Klausel während der Ausstiegszeit) voran. „Ohne Revisionsklausel werden wir zu keiner Einigung über den schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung kommen. Wir können uns auf einen ambitionierten Fahrplan einigen, aber nur, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind.“Wer Kohlekraftwerke abschalte, müsse den Netzausbau voran bringen, den Strukturwandel begleiten und die energieintensive Industrie vor höheren Strompreisen schützen. „Sonst können wir nicht zustim- men. Für diese klare Forderung der Landesregierung habe ich im Kreis der Energieminister breite Unterstützung gefunden.“
Weiter wird in der Kommission diskutiert, eine Art „Rheinische Braunkohle-Verwertungsgesellschaft“zu gründen, in die die abzuschaltende Kraftwerke und Tagebaue gehen und die RWE auch seine Rückstellungen einbringen könnten. Damit würde man eine Art Bad Bank schaffen. Im Osten gibt es den Nukleus einer solchenVerwertungsgesellschaft bereits. Konzerne wie RWE fordern laut Gewerkschaftskreisen eine Milliarde Euro pro eine Milliarde Gigawatt Stilllegung.
Die Grünen sehen die Vertagung der Kommission als Beleg für die Ideenlosigkeit der Regierung. „Kein Wunder, dass Merkel jetzt die Kohlekommission um Aufschub bittet. Die Bundesregierung hat für den erforderlichen Strukturwandel in den Braunkohlerevieren nicht den geringsten Plan“, kritisierte Oliver Krischer, Vize-Chef der Grünen-Bundestagsfraktion, und verweist auf die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage. Danach sollen die Reviere weder bei der Umrüstung auf den neuen Mobilfunstandard 5G eine Priorität erhalten, noch neue Bundesinstitutionen bekommen. Die Bundesregierung lasse die Menschen in den Braunkohleregionen im Regen stehen.