Rheinische Post

Esprit will Hunderte Stellen streichen

Der Modehändle­r aus Ratingen zieht die Konsequenz­en aus erneuten Verlusten. Außerhalb der Filialen sollen etwa 40 Prozent der Jobs gestrichen werden. Unrentable Niederlass­ungen werden geschlosse­n.

- VON GEORG WINTERS

RATINGEN Rund zwei Monate ist es her, da hatte der Modekonzer­n Esprit nach einem dreistelli­gen Millionenv­erlust für das im Juni beendete Geschäftsj­ahr 2017/18 einschneid­ende Sparmaßnah­men angekündig­t. Seit diesem Montag wissen Eigentümer, Beschäftig­te und sonstige Stakeholde­r, woran sie bei den Plänen sind. Esprit plant tiefe Einschnitt­e in Verkaufsfl­äche und Belegschaf­t, und die treffen nicht nur die Filialen des Unternehme­ns. Es sei geplant, die Zahl der Beschäftig­ten außerhalb der Läden um rund 40 Prozent zu verringern, erklärte der Modeanbiet­er.

Würde man diese Zahlen auf Deutschlan­d hochrechne­n, was Esprit so nicht getan hat, könnten von den 1200 Arbeitsplä­tzen in der deutschenV­erwaltung fast 500 wegfallen. Das wäre ein Kahlschlag für den Unternehme­nssitz in Ratingen. Unrentable Läden sollen geschlos- sen werden. Wie viele und welche Niederlass­ungen profitabel sind, wurde nicht mitgeteilt. Für annähernd 30 soll es aber bereits eine Lösung geben. Ob sie verkauft oder geschlosse­n werden, bleibt einstweile­n offen.

An der Börse hat der angekündig­te Sparkurs zumindest vorübergeh­ende Wirkung gezeigt. Mehr als vier Prozent hat die an der Hongkonger Börse notierte Aktie des Ratinger Unternehme­ns gewonnen. Dass Esprit erklärte, das Management sei bereits halbiert worden, zeigt, wie ernst es dem Konzern ist. Und es bestätigt, wie ernst die Lage ist, nachdem Konzernche­f Anders Kristianse­n jüngst in einem Brief an die Mitarbeite­r die Lage bereits als „wirtschaft­lich dramatisch“beschriebe­n hatte. Eine „sofortige zukunftssi­chernde Neuausrich­tung sei erforderli­ch, und das beinhalte auch einen „signifikan­ten Personalab­bau“. Kristianse­n ist selbst erst seit Juni an Bord und hat den herbei- gesehnten Umschwung bisher noch nicht bewerkstel­ligen können; dafür war die Zeit auch zu kurz. Immerhin sind unter seiner Ägide neun Führungskr­äfte gegangen. Kristianse­n nenne die Probleme beim Namen und packe an, heißt es.

Und Probleme gibt es genug. Esprit kämpft einerseits mit denselben Schwierigk­eiten wie die gesamte Modebranch­e: Der Trend zum Online-Kauf macht das Geschäft schwierige­r, die Konkurrenz durch Billigkett­en ist hart, und das Wetter spielt auch nicht mit. In diesem Jahr hat ein besonders langer und heißer Sommer zusätzlich für Probleme gesorgt.

Das ist aber nur der externe Teil; bei Esprit ist in den vergangene­n Jahren auch intern einiges schief gelaufen. Das hat Kristianse­n an drei Punkten festgemach­t: Die Kosten sind aus seiner Sicht aus dem Ruder gelaufen, Esprit fehle es an einem klaren Markenkern, und die Produkte sind seiner Einschätzu­ng zufolge nicht die, die Käufer wollen. Das Ziel des 51-jährigen Dänen:„Exzellente Produkte zu guten Preisen.“Damit will sich Esprit deutlich von den Unternehme­n abgrenzen, die den Stempel des Mode-Discounter­s tragen.

Zwei bis drei Jahre soll die Sanierung nach Angaben von Kristianse­n dauern, und sie wird bis zu 200 Millionen Euro verschling­en. Das ist viel Geld, das man entweder verdienen oder sich irgendwo besorgen muss. Jeder Anstieg des Aktienkurs­es ist da natürlich herzlich willkommen, weil er das Unternehme­n wertvoller und damit für potenziell­e Investoren attraktive­r macht. Möglicherw­eise vor allem für solche in China, wo Esprit deutlicheW­achstumsch­ancen sieht und entspreche­nd in den kommenden Jahren investiere­n will. Dann werden sich die Kräfteverh­ältnisse vermutlich deutlich verschiebe­n. Derzeit kommen noch sieben von acht Euro Umsatz, die Esprit erzielt, aus Europa.

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