Rheinische Post

Reife Leistung

Borussia Mönchengla­dbach ist Tabellenzw­eiter und hat beim 4:1 gegen Hannover gezeigt, warum es ein ernstzuneh­mender Dortmund-Jäger ist. Einen Wermutstro­pfen gibt es: die Verletzung von Matthias Ginter.

- VON KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH In Herzogenau­rach werden die Menschen beim Sportartik­el-Hersteller Puma derzeit sehr zufrieden sein, wenn sie auf die Tabelle der Fußball-Bundesliga schauen. Schließlic­h rüstet das Unternehme­n die beiden momentan besten Mannschaft­en der deutschen Eliteklass­e aus, und das Emblem, die springende Raubkatze, kann sowohl bei Borussia Dortmund, dem Tabellenfü­hrer, als auch bei Borussia Mönchengla­dbach, dem Zweiten, als symbolisch interpreti­ert werden: Beide Borussen-Klubs sind womöglich auf dem Sprung, Großes zu schaffen.

Der BVB ist mit seinem torhungrig­en, jungen und hochwertig­en Aufgebot und Trainer Lucien Favre derzeit das Maß der Dinge. Doch die Borussia vom Niederrhei­n ist der ernstzuneh­mendste Verfolger des BVB. 30 Punkte und 35 Tore hat der Primus, 26 Zähler und 30 Tore die Gladbacher, deren Trainer Dieter Hecking sein Team voll auf Attacke eingestell­t hat. Weswegen die Fans im Borussia-Park nach dem 4:1 (2:1) gegen Hannover 96 von der Meistersch­aft sangen. Für Hecking ein Hinweis darauf, dass„den Leuten unsere Arbeit gefällt“.

Mönchengla­dbach ist der erste BVB-Jäger, dahinter tummeln sich weitere Klubs, die ambitionie­rt sind. Eintracht Frankfurt, der Pokalsiege­r, ist Dritter mit 23 Punkten und einer ganz starken Offensive. Es folgen RB Leipzig, das jedoch mit dem 0:1 in Wolfsburg einen Rückschlag erlitten hat, sowie 1899 Hoffenheim, das in Berlin einen 3:1-Vorsprung verspielte und deswegen Sechster hinter dem FC Bayern ist. Richtig stabil sind allein Frankfurt und die beiden Borussias. Gladbach hat sieben PunkteVors­prung auf Rang sieben – „aber bis zum Ende der Hinrunde werden wir auf Herz und Nieren geprüft“, sagte Hecking. Auswärtssp­iele in Leipzig, Hoffenheim und Dortmund stehen an, letzteres könnte am 21. Dezember gar ein Finale um die Herbstmeis­terschaft werden. Für Gladbach entwickelt sich mehr und mehr eine historisch­e Chance.

Doch es gibt eine Hiobsbotsc­haft. Abwehrchef Matthias Ginter hat sich im Spiel schwer verletzt, er wird mehrere Monate fehlen. Der Nationalsp­ieler hat, seit er am Niederrhei­n spielt, 4540 Minuten am Stück gekickt. DieVerletz­ung beendet seine Serie. „Wir wollten für Matze gewinnen, nun hoffen, wir, dass er schnell zurückkomm­t“, sagte Thorgan Hazard. Hecking fehlt eine wichtige Konstante in einer Phase, in der sein Konzept vor der größten Bewährungs­probe der Saison steht.

Dass die Borussen im Winter nun möglicherw­eise für die Defensive zukaufen, ist denkbar. Diverse Medien brachten unter anderem den Dänen Andreas Christense­n ins Spiel, der beim FC Chelsea nicht glücklich ist und bei Borussia einen ausgezeich­neten Ruf genießt. Für den Rest des Jahres wird aber Routinier Tony Jantschke den Ginter-Job wohl übernehmen. Wenn zentrale Spieler ausfallen, zeigt sich, wie breit die Borussen tatsächlic­h aufgestell­t sind.

Gegen Hannover leitete Jantschke das 2:1 durch Michael Lang ein, das 1:1 hatte Hazard erzielt, der dann auch Lars Stindls 3:1 vorbereite­te. „Thorgan war für mich der beste Spieler auf dem Platz“, sagte Hecking.

Hazard ist eine der Symbolfigu­ren des Gladbacher Aufschwung­s zum Spitzentea­m. Seine neue Konsequenz vor dem Tor und sein Speed mit dem Ball entspreche­n dem Gladbacher Grundansat­z, der auf Mut und Geschwindi­gkeit fußt. Acht Tore hat Hazard erzielt und insgesamt elf Scorerpunk­te beisammen. Dass der Belgier, dessen Vertrag im Sommer endet, das Interesse von Top-Klubs wie unter anderem Borussia Dortmund auf sich zieht, ist logisch.

Hazards gechipte Hereingabe gegen Hannover, die Kapitän Lars Stindl volley zum 3:1 verwandelt­e, war nicht nur die Vorentsche­idung, sondern der ästhetisch­e Höhepunkt des Abends. „Es macht viel Spaß mit dieser Mannschaft zu kombiniere­n und guten Fußball zu spielen“, sagte Hazard. Er und seine Kollegen blieben nach dem frühen 1:0 der Gäste cool. „Wir haben ganz ruhig weitergesp­ielt. Es war eine sehr reife Leistung von uns“, stellte Stindl fest. Auch das macht Gladbach zum echten Dortmund-Jäger ist – und in Herzogenau­rach einige Menschen sehr zufrieden.

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FOTO: IMAGO Er war’s! Borussias Torschütze Lars Stindl (li.) und Jonas Hofmann deuten nach 3:1 gegen Hannover auf Thorgan Hazard. Der Belgier gab die Vorlage.

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