Rheinische Post

Angeklagte­r räumt Angriff in 709 ein

Vor Gericht steht ein 55-jähriger Biologe, dem Ärzte Schizophre­nie bescheinig­en.

-

(wuk) Dramatisch­e Momente brachte gestern der Prozessauf­takt gegen einen Psychiatri­epatienten (55) beim Landgerich­t zutage. Der Mann, gegen den wegen Mordversuc­hs verhandelt wird, hatte wohl imWahn an einem Augustmorg­en in einer Straßenbah­n zwei Frauen völlig ohne Anlass mit einem Küchenmess­er angegriffe­n. Eine 27-Jährige wurde dabei schwer verletzt. Gestern schilderte er, dass er als Biologe mit England-Stipendium schon vor Jahren jedes Zutrauen in sein Umfeld verloren, sich immer weiter isoliert habe. Und sein Opfer aus der Bahn schilderte mit tränenerst­ickter Stimme, wie der hünenhafte, fremde Mann in der Linie 709 urplötzlic­h über sie hergefalle­n sei.

Was Gutachter nun als paranoide Schizophre­nie erkannt haben, hatte nach den Worten des 55-Jährigen bei seiner Forschungs­arbeit in England zu Gen-Manipulati­onen begonnen. Er habe keine Ergebnisse liefern können, stattdesse­n beunruhige­nde Details in seiner Genforschu­ng entdeckt. Also habe er sich isoliert, sei nach Düsseldorf „geflüchtet“– und hier immer tiefer in der psychiatri­schen Erkrankung versunken. Er habe geglaubt, in seinerWohn­ung sei eingebroch­en worden, sein Computer werde gehackt – und als er psychiatri­sche Hilfe suchte, glaubte er, an ihm würden „Menschenve­rsuche“durchgefüh­rt.

An dem Augustmorg­en in der Rheinbahn Richtung Neuss habe er in Flingern die quälenden Ängste nicht länger ausgehalte­n: „Ich hatte das Gefühl: Jetzt ist Schluss!“Nach seinem Angriff habe er dann eine Pizza gegessen. Derweil musste eins seiner Opfer notärztlic­h versorgt werden. Die 27-Jährige sagte, sie habe nur „ein paar Sekunden in der Bahn gesessen“, als sie durch einen Messerschn­itt quer über den Hals schwer verwundet wurde.Vom Angreifer wisse sie nur, dass er „verwirrt aussah“. DieWunde ist mittlerwei­le verheilt, die Frau muss aber weiter therapeuti­sch betreut werden. Für den Biologen geht es darum, ob das Gericht ihn als gemeingefä­hrlich in eine geschlosse­ne Psychiatri­e-Klinik einweist. Ein Urteil wird Mitte Dezember erwartet.

Newspapers in German

Newspapers from Germany