Nachts im Museum
Zehn junge Besucher erkundeten den Kunstpalast mit Stirnlampen zu später Stunde.
Draußen ist es schon stockdunkel, langsam trudeln die letzten Schülerinnen und Schüler in den Kunstpalast ein, um eine Nacht im Museum zu verbringen. Im Museumsatelier stehen zwölf Feldbetten parat – zehn für die Schüler und zwei für die Aufsichtspersonen. Nach der Bettenbelegung geht es um 19.30 Uhr endlich los. Die Schüler der 5. und 6. Klasse der Kunst AG des Wim-Wenders-Gymnasiums werden nach Schließung des Museums durch die Sammlungsräume geführt. Die 45-minütige abenteuerliche Führung im Dunkeln wird von der Künstlerin Birgit Huebner geleitet. Die zehnjährige Carlotta Seifert ist aufgeregt und kann es kaum abwarten. Für sie steht fest: Heute wird die Nacht zum Tag gemacht – zumindest bis 22 Uhr, denn dann ist Schlafenszeit. Ob das was wird?
Die zahlreichen Stirn- und Taschenlampen sind bereits gezückt, denn die Nachtwanderung ist nicht irgendeine Museums-Führung. Für die jungen Gymnasiasten haben sich Huebner, Lehrerin Anke Lohrer, Birgit van de Water (Leiterin der Abteilung Kulturelle Bildung im Kunstpalast) und Generaldirektor Felix Krämer ein neues Konzept überlegt. „Wir wollen das Museum bei Nacht für die Kinder zum Leben erwecken“, erzählt Huebner. Die Idee kam von Felix Krämer.
Während der Führung sind fast alle Lampen in den Räumen ausgeschaltet. „In der Dunkelheit wird der Licht-Spot gezielt auf das Kunstobjekt gerichtet“, erklärt Birgit van de Water. „Im Anschluss sollen die Kinder über die veränderte Wahrnehmung im Dunkeln diskutieren.“Da kann Kunstlehrerin Anke Lohrer nur zustimmen:„Die Kinder reagieren intuitiv und können sich intensiv auf die Werke einlassen.“
Der erste Stopp der Museums-Tour ist die gläserne Ziege aus einem Metallgerüst und Flachglasscherben von Künstlerin Marta Klonowska. Im Licht der Stirnlampen glitzern die Glasscherben und tauchen das Werk in einen leicht bläulichen Farbton. Die zehnjährige Polly Mertens ist hin und weg. „Mir gefal- len die unterschiedlichen Schatten der Skulpturen besonders gut“, erklärt sie. Auch in ihrer Freizeit geht die Sechstklässlerin gerne in Museen. „Nur Gemälde finde ich aber langweilig“, sagt Polly, „Mitmachaktionen und abstrakte Glaskunstwerke sind hingegen ziemlich cool.“
Je nachdem wie die Schatten fallen, wirken die Skulpturen wie zum Leben erweckt. Das Museumserlebnis ist für die jungen Kunstliebhaber wie eine Zeitreise in die Vergangenheit. Als Nächstes betrachten die Kinder das Kunstwerk„Portable City: Düsseldorf, 2012“vonYin Xhiuzhen. „Was könnt ihr hier beobachten?“, fragt Birgit Huebner in die Runde. „Die Häuser und der Fernsehturm wurden aus Secondhand-Kleidung in einen aufgeklappten Koffer gebaut und durch die Schatten wirken die Gebäude viel höher“, so hat Carlotta (10) beobachtet.
Weiter geht es mit einer Videoinstallation unter der Decke von Nam June Paik und dem Zero-Raum. Zum Schluss betritt die Gruppe den Rubenssaal, wo sich die Kinder auf Bodenmatten legen und den Raum von unten ausleuchten. Bei Nacht hat bis jetzt wohl kaum jemand den Kunstpalast von innen gesehen. „Das ist ja fast wie bei dem Film „Nachts im Museum““, erzählt Carlotta und strahlt bis über beide Ohren.
Nach der Führung gibt es erst einmal Pizza, bevor die Truppe die Museumswerkstatt besucht, um mit die gesammelten Eindrücke künstlerisch umzusetzen. „In der Werkstatt malen und drucken wir mit einer Druckerpresse“, erklärt Polly. Hernach gibt es dann noch einen Programmpunkt. Ab 22 Uhr heißt es: Film ab für „Das kleine Nachtgespenst“. Anschließend ist Nachtruhe angesagt.
Am nächsten Morgen um 8.30 Uhr werden die Abenteurer von ihren Eltern abgeholt. Lohrer und van de Water sind nach dem Projekt überaus positiv gestimmt.
„Durch die veränderte Wirkung der Werke, haben die Schüler neue Ideen entwickelt und konnten diese in ihren Träumen verarbeiten“, meinen sie.