Rheinische Post

Du und Ich und der Regen

Im Jungen Schauspiel feierte „Sagt der Walfisch zum Thunfisch“Uraufführu­ng. Das Stück war schon vor seiner Premiere preisgekrö­nt.

- VON REGINA GOLDLÜCKE

Noch sind alle Zuschauer im Foyer versammelt, als Jonathan Gyles in ihrer Mitte einen Tisch besteigt: „Ich bin Noe, Leiter des intergalak­tischen Orchesters“, stellt sich der Schauspiel­er vor und bittet darum, ihm zu folgen. Aber erst soll jeder die Schuhe ausziehen. Im silbern glänzenden Overall, an dessen Kragen winzige Glühbirnen leuchten, führt Noe den Tross in den Bühnenraum des Jungen Schauspiel­hauses. Dann sitzt das Publikum im Halbrund auf dem Boden, über sich einen weißen Schwarm aus aufgespann­ten Schirmen. Noe freut sich: „Sehr schön!“ So beginnt die abenteuerl­iche Reise, die Autor Carsten Brandau in seinem Stück „Sagt der Walfisch zum Thunfisch“ersonnen hat. Ein Gütesiegel konnte es bereits vor der Düsseldorf­er Uraufführu­ng vorweisen: Brandau erhielt dafür den BrüderGrim­m-Preis des Landes Berlin.

Zwei Personen huschen nacheinand­er auf die Bühne, ein Mann (Paul Jumin Hoffmann) und eine Frau (Marie Jensen). „Bum-bum“sagt jeder für sich und lauscht seinem klopfenden Herzen. Sie umkreisen einander, ohne sich zu sehen. Rufen „Hallo“und finden einander schließlic­h. Doch wer sind sie? Mit Wortwitz und originel- ler Sprach-Jonglage bemüht sich das Paar um Annäherung. Der Kernsatz „Ich bin ich“sorgt für Verwirrung. Die Frau erfasst den Unterschie­d von „ich“und „du“sehr wohl, der Mann dagegen nicht. „Du bist komisch“, seufzt sie. „Stimmt, du bist komisch“, antwortet er. „Wir brauchen Namen“, fordert sie.Von da an heißt sie Du, und er heißt Ich.

Carsten Brandau schrieb das Stück für die jüngsten Theatergän­ger. Bei der Premiere (Regie: Juliane Kann) ist zu spüren, dass selbst die Dreijährig­en wie gebannt sind. Die Kinder lachen viel, begreifen aber auch die drohende Gefahr. Erst ist es lustig, wenn es „plitsch“macht und blaue Tropfen vom Himmel fallen. Doch dann wird der Regen zur Sintflut. Das Wasser steigt, Du und Ich können nicht schwimmen. Endlich erreichen sie eine rettende Arche, in Gottes Auftrag gebaut von Noe.

Die Arche aber nimmt nur Musiker mit, deshalb strengen die beiden sich mächtig an. Noe bleibt unerbittli­ch. „Ihr seid ja völlig taktlos und sicherlich keine Musiker“, sagt er. In ihrer Verzweiflu­ng erzählt Du einen hintersinn­igen Witz:„Sagt der Walfisch zum Thunfisch . . .“und löst so ihr Ticket für das Schiff. Weil Ich keinen Witz kennt, darf er nicht mit. Muss er jetzt ertrinken?

Natürlich geht die Geschichte gut aus. Sie führt vor, welche Kraft aus aufopfernd­er Freundscha­ft erwächst und wie sie belohnt wird. An diesem zauberhaft­en Kinderstüc­k werden gewiss auch Erwachsene ihre Freude haben. Am Ende der Premiere wollen die kleinen Zuschauer gar nicht mehr gehen.Voller Wonne stürzen sie sich in die blauen „Regenschni­psel“, schaufeln sie zusammen und werfen sie hoch.

Info Weitere Aufführung­en am 12., 13. und 19. Dezember, jeweils um neun und elf Uhr im Jungen Schauspiel, Münsterstr­aße 446. Das Stück ist für Zuschauer ab drei Jahren geeignet.

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FOTO: DAVID BALTZER Marie Jensen und Paul Jumin Hoffmann als Du und Ich.

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