Rheinische Post

27. November 1961

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Das Beruhigung­smittel Contergan galt als besonders arm an Nebenwirku­ngen. Jahrelang konnte man es ohne Rezept in der Apotheke kaufen, es wurde sogar schwangere­n Frauen empfohlen: Es sollte gegen Übelkeit helfen. 1957 wurde das Medikament auf den Markt gebracht, ab 1959 warnten die ersten Ärzte vor dem Mittel, das sie mit schweren Fehlbildun­gen bei Neugeboren­en in Verbindung brachten. Kinder waren mit verstümmel­ten Armen und Beinen auf die Welt gekommen, mit missgebild­eten Ohren, Augen und Nasen. Fehlbildun­gen an den inneren Organen führten häufig zum Tod der Neugeboren­en. Obwohl manche Experten schon früh den Verdacht hatten, dass der Wirkstoff Thalidomid in dem Arzneimitt­el Contergan für die Fehlbildun­gen verantwort­lich war, dauerte es vier Jahre, bis das Mittel wieder vom Markt genommen wurde. Am 27. November 1961 zog die Firma Grünenthal das Medikament vollständi­g zurück. Einen Tag vorher hatten dieWarnung­en vor Contergan durch einen Artikel in der Zeitung „Welt am Sonntag“erstmals eine breite Öffentlich­keit erreicht. Weltweit waren zwischen 5000 und 10.000 Kinder mit Fehlbildun­gen zur Welt gekommen, wie viele Fehl- und Totgeburte­n das Mittel verursacht hat, ist unbekannt. Bis heute leben nach Informatio­nen des Bundesverb­ands Contergang­eschädigte­r in Deutschlan­d noch 2400 Menschen, die unter den Folgen leiden.

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TEXT: JENI / FOTO: ULLSTEIN

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