Rheinische Post

Mehr Respekt für die Judikative

Die NRW-Regierung erhebt sich über Gerichte und schadet so der Demokratie.

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Wer Macht ausübt, lässt sich meist nur ungern kontrollie­ren. Belege dafür lieferte die Landesregi­erung zuletzt einige. Jüngstes Beispiel sind die Luftreinha­ltepläne. Noch bevor Gerichte geurteilt hatten, griff Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) der Judikative vor und erklärte Diesel-Fahrverbot­e vorsorglic­h für unverhältn­ismäßig. Nachdem die Gerichte entschiede­n hatten, stimmten auch Bundespoli­tiker in die Kritik ein und hoben zu einer Richtersch­elte an, wie sie zum Glück selten ist. Dabei ist es doch die Aufgabe der Richter gemäß dem Rechtsstaa­tsprinzip im Grundgeset­z, die Tätigkeit der Exekutive zu kontrollie­ren. In diesem Fall also zu prüfen, ob die Gesundheit der Bürger durch das Handeln oder hier wohl eher Nicht-Handeln der Regierende­n gefährdet ist.

Indem sich Minister und Regierungs­chefs über die Judikative erheben, schaden sie dem Ansehen der Demokratie.

Leider ist dies nicht der einzige Fall. Noch bevor die letzte Instanz über den Hambacher Forst entschiede­n hatte, verkündete Laschet, der Energiekon­zern RWE habe das Recht zu roden. Das hatte er nicht, wie Richter später entschiede­n. Am aufsehener­regendsten bleibt aber wohl die Abschiebun­g des Gefährders Sami A. Hier warteten Vize-Minister- präsident Joachim Stamp (FDP) und Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) nicht einmal die Gerichtsen­tscheidung ab, obwohl sie unmittelba­r bevorstand. Als sie kam, waren bereits Fakten geschaffen, und Sami A. war abgeschobe­n. Nur mit Mühe und Not konnte die Landesregi­erung verhindern, dass er zurückgeho­lt werden muss. Jedenfalls vorläufig: Die Entscheidu­ng in der Hauptsache steht noch aus. Es ist zu hoffen, dass die Landesregi­erung dieses Mal klaglos die Kontrolle durch die Judikative akzeptiert.

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KIRSTEN BIALDIGA

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