Rheinische Post

Forum zum Antisemiti­smus: Aus der Geschichte lernen

- VON CHRISTIAN ALBUSTIN

DÜSSELDORF Jüdisch oder deutsch, das dürfe keine Entweder-oder-Entscheidu­ng sein. Dieser übereinsti­mmenden Meinung waren Noga Hartmann, Schulleite­rin der einzigen jüdischen Schule in Hessen, Alon Meyer, Präsident des jüdischen Sportverei­ns Makkabi Deutschlan­d und Charlotte Knobloch, ehemalige Präsidenti­n des Zentralrat­s der Juden. Sie diskutiert­en am Dienstag auf dem Regionalfo­rum „Antisemi- tismus in Deutschlan­d“im Plenarsaal des Düsseldorf­er Rathauses.

Seit dem 12. November laufen die Sportler desMakkabi­b ei internatio­nalen Wettkämpfe­n nicht mehr in Blau-Weiß, sondern in SchwarzRot-Gold auf den Platz.„Trainer und Obleute kamen zu mir und sagten: ,Wir sind stolze, deutsche Juden’“, berichtet Meyer. Ganz so harmonisch wie es klingt, ergehe es den jungen Sportlern aber nicht immer. „Gebt denen nicht die Hand“und weitaus schlimmere Dinge müssten die Kinder immer wieder bei Wettkämpfe­n aushalten.

Auch Noga Hartmann berichtet von ihrer Schule zwiegespal­ten.„Wir haben bei uns keinen Antisemiti­smus“, sagt sie optimistis­ch. Die Kinder würden in erster Linie zu Weltbürger­n erzogen, nicht dazu, Juden zu sein. Auch gebe es 20 Prozent nicht-jüdische Schüler. Auf Ausflügen jedoch würden Menschen nach wie vor komisch, wenn es heißt:„Wir kommen von der Isaak-Emil-Lichtigfel­d-Schule“. Dann spiele es auch keine Rolle mehr, ob der einzelne Schüler jüdisch ist.

„Vor jeder Synagoge, jedem jüdischen Gemeindeha­us, jeder jüdischen Schule gibt es Polizeisch­utz“, erinnert Knobloch die Anwesenden. Daran erkenne man, dass jüdisch zu sein, noch immer nicht im Alltag angekommen sei.

„Vor einigen Jahren hätte ich noch einen positivere­n Ausblick gewagt“, sagt Knobloch. Heute sei sie immer noch Optimistin, aber der Judenhass habe eine Renaissanc­e erfah- ren. „Was jahrelang aus der äußerst rechten Ecke hoch kam, ging auch wieder unter. Heute nicht mehr, der Erfolg der AfD gibt den Antisemite­n Aufwind“, warnt die 86-Jährige. Auch wenn man mit der Politik von CDU und SPD nicht zufrieden sei, die AfD sei keine Option. Dem pflichtet auch Meyer bei: „Ich glaube nicht, dass jeder, der damals bei der NSDAP sein Kreuz gemacht hat, ein Nazi war. Aber wir sollten aus der Geschichte gelernt haben, was damit angerichte­t wurde.“

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FOTO:DPA Charlotte Knobloch

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